Blutspuren in der Zelle gefunden

Wasserburg/Traunstein - Was geschah in der Silvesternacht 2012 in Wasserburg? Ein Rechtsmediziner sollte bei der Beantwortung dieser Frage helfen und untersuchte dafür DNA-Spuren in der Zelle:
UPDATE 16.15 Uhr:
Nach der Mittagspause stellte der Gutachter seine Ergebnisse vor, der ungefähr sechs Monate nach den Vorkommnissen die Polizeiinspektion in Wasserburg nach Spuren untersucht hatte. Der wissenschaftliche Mitarbeiter vom Institut für Rechtsmedizin aus München kam zusammenfassend zum Ergebnis, dass es beim Verbringen des Geschädigten auf der Dienstelle zu keinem Kontakt zwischen dessen Kopf und den Wänden gekommen sein kann.
Blutspuren des Geschädigten in der Zelle
Im Rahmen von insgesamt vier Einzelgutachten hatte Dr. Martin Schulz die Polizeiinspektion in Zusammenarbeit mit dem Landeskriminalamt nach biologischen Spuren und Blut abgesucht. Bei der Begutachtung sei aufgefallen, dass im Bereich der Garage eine gleichmäßige Schmutzschicht an den Wänden vorhanden war. Anzeichen einer Reinigung lagen dort nicht vor, so der Gutachter. Blut oder sonstige Körperzellen habe man ebenfalls nicht vorgefunden. "Es ist auszuschließen, dass es dort zu einem festen Anstoß gekommen ist", so Dr. Schulz.
Bei der Untersuchung des Haftraums widmete sich der Gutachter zuerst der Matratze. Nach der Behandlung mit dem Stoff "Luminol", der vorhandene Blutspuren sichtbar macht, konnten mehrere Anhaftungen in allen Bereichen der Zelle festgestellt werden. Sowohl an der Matratze als auch auf der Pritsche konnten so auch Blutreste entdeckt werden, die dem Geschädigten zuzuordnen seien. Daneben entdeckte der Gutachter zahlreiche weitere Spuren, die von anderen, unbekannten Personen stammten.
In einem weiteren Gutachten untersuchte der Wissenschaftler dann noch den Weg von der Garage der PI in Richtung der Hafträumen. "Anhaltspunkte für Kopfkontakte gab es nicht", so der Biologe weiter. DNA-Spuren auf dem Weg zwischen Garage und Zelle, die auf den Geschädigten zurückzuführen waren, seien bei der Untersuchung ebenfalls nicht aufgetaucht.
Im Anschluss wurde noch das Handy-Video eines der Zeugen vor Gericht in Augenschein genommen. Trotz drei verschiedener Versionen des kurzen Clips war lediglich das Abführen des Geschädigten zu beobachten. Wegen der schlechten Lichtverhältnisse in der Silvesternacht konnten die Prozessbeteiligten und auch die Zuhörer darüber hinaus auf den Aufnahmen vergleichsweise wenig erkennen. Im Hintergrund des Videos habe man die angespannte Stimmung deutlich vernehmen können, erkannte Richterin Christina Braune.
Zum Abschluss des Verhandlungstages verlas die Richterin noch Auszüge aus den Personalakten des Angeklagten. Aus der dienstlichen Beurteilung des Polizisten ging hervor, dass sich der Angeklagte in seinem Verhalten nach außen, dem Bürger gegenüber immer vorbildlich verhalten habe. Dabei erhielt der Polizist auf einer Skala von 0-16 durchwegs Werte im Bereich von 10 bis 12 Punkte. Hinweise für problematisches, dienstliches Verhalten seien somit nicht erkennbar, so Richterin Braune.
Fortsetzung am kommenden Mittwoch
Die Verhandlung wird am 6. Mai weiter fortgesetzt. Dann soll unter anderem ein weiterer Gutachter und die vernehmenden Beamten Angaben zu den Umständen in der Silvesternacht 2012 auf 2013 in der Hofstatt machen. Besonders die Verletzungen des Geschädigten sollen dann auch ausführlich betrachtet werden. chiemgau24.de berichtet auch dann wieder aus dem Saal von der Fortsetzung der Verhandlung vor der 7. Strafkammer.
UPDATE 13.15 Uhr:
Nach kurzer Unterbrechung sagte noch der Dienstgruppenleiter der PI Wasserburg aus, der in der Silvesternacht während der Geschehnisse seinen Dienst auf der Wache geleistet hatte.
Polizist widerspricht den Angaben des Geschädigten
"Das war ein wortloses An-Mir-Vorbeiführen", so der Beamte, der den Transport aus ein paar Meter Entfernung beobachtet hatte. Er habe sich gewundert, warum die Kollegen den Mann im sogenannten "Kreuzfesselgriff" nicht gegenläufig transportiert hätten. Für den Mann sei dieser Haltegriff jedoch angenehmer als beispielsweise die gegenläufige Variante. Der Geschädigte habe sich nicht gewehrt, die Polizisten hätten kontrolliert agiert. "Im Schwitzkasten war das definitiv nicht, da hätte ich natürlich eingegriffen", so der Polizist.
Der Geschädigte hatte in seiner Aussage am ersten Prozesstag und auch schon in erster Instanz angegeben, im Schwitzkasten mit dem Kopf gegen eine Wand im Eingangsbereich der Polizeiinspektion geschlagen worden zu sein. Spezielle Reinigungsmaßnahmen oder größere Sanierungen in besagtem Eingangsbereich könne der Beamte "nahezu ausschließen". "Darüber müsste auf jeden Fall Buch geführt worden sein", so der Einsatzleiter weiter. Auch der Sachverständige, der den Bereich auf Spuren untersucht hatte, konnte keine Anzeichen für die beschriebenen Misshandlungen seitens des Geschädigten am Eingang zur Inspektion finden.
"Die Entwicklungen am Abend konnten wir uns nicht erklären" so der Beamte weiter. Im Gespräch mit den Kollegen noch am selben Tag habe man keinen Grund für das Verhalten des Geschädigten gefunden. Sein Kollege, der derzeitige Angeklagte, habe ihm dann auch schon vom vermeintlichen Griff in den Unterleib erzählt. "Er ist mir als alles andere als ein aggressiver Polizeibeamter in Erinnerung", so der Zeuge über das Verhalten des Angeklagten im Dienst.
Gutachten am Nachmittag
Nach der Mittagspause soll zuerst der Bericht des Gutachters gehört werden, der die Polizeiinspektion auf Spuren untersucht hatte.
UPDATE 11.45 Uhr:
Am dritten Tag im Berufungsprozess gegen den Wasserburger Polizisten wegen Körperverletzung im Amt wurde die Verhandlung am Mittwoch mit der Vernehmung eines weiteren Zeugen fortgesetzt.
Schüler beobachtet Vorkommnisse
Der Schüler feierte in der Silvesternacht 2012 auf 2013, wie viele andere auch, in der Wasserburger Hofstatt. Er habe beobachtet, dass sich die Polizisten mit Jugendlichen im Bereich unterhalten hatten. Ein Mann sei auf die Beamten "mit offenen Handflächen" zugegangen und hätte sie angesprochen. Im Laufe des Zwiegesprächs sei dann der Mann, der spätere Geschädigte, schrittweise zurückgewichen, der "Polizist mit Glatze" hinterher. Irgendwann habe der Polizist versucht, den Mann zu greifen, diesem habe die Handlung nicht gepasst.
"Dann hat der Polizist ihn in den Schwitzkasten genommen", grundlos, so der Schüler, der zum damaligen Zeitpunkt noch nicht volljährig gewesen war. In Zusammenarbeit mit anderen Beamten sei der Mann dann zuerst am Boden, später auf der Motorhaube des Dienstwagens, fixiert worden. Der Handelnde sei dabei immer der "Polizist mit Glatze" gewesen sein, dessen sei sich der Zeuge sicher. Eine genauere Beschreibung der Beteiligten könne er zum heutigen Zeitpunkt jedoch nicht mehr abgeben. Auch hatte sich der Zeuge im Laufe der Vorkommnisse immer wieder vom Geschehen abgewendet. Zum Zeitpunkt seiner Beobachtungen sei er erheblich angetrunken gewesen.
Brille auf das Autodach gelegt
Auch ein anderer Schüler, der am Mittwoch seine Aussage machte, schilderte die Entstehung der Situation vor dem "Roten Turm" ähnlich. Vom späteren Geschädigten angesprochen, habe sich ein Beamter auf diesen konzentriert. "Der Polizist hat ihn zurückgedrängt", eine Diskussion sei entstanden, so der Zeuge. "Danach wurde es etwas undurchsichtig", räumte der Schüler ein. Erst als der Mann "vom Beamten zu Boden gerungen" wurde, könne er sich wieder erinnern. Ein Polizist habe den Mann am Boden mit dem Knie in dessen Rücken fixiert. Die Brille des Geschädigten sei auf dem Autodach abgelegt worden.
"Die Stimmung vor Ort war aufgebracht", so der Zeuge; man habe den Eindruck gehabt, die Maßnahmen der Polizisten seien ohne Grund und sehr hart angelaufen. Auch auf Nachfrage der Nebenklage konnte der zweite Zeuge am Mittwoch, über zwei Jahre nach den Vorkommnissen, die Polizisten nicht mehr eindeutig beschreiben, geschweige denn im Gerichtssaal wiedererkennen. Die dritte Zeugin des Tages, eine Auszubildende, die bei einer Feier Beobachtungen aus dem Fenster gemacht hatte, konnte sich vor Gericht nur noch vage erinnern. Ein Gespräch zwischen einem Polizisten und einem Passanten sei "plötzlich handgreiflich" geworden. Nachdem man den Mann "ruckartig und schnell" an das Auto gedrückt hatte, sei er unter Gegenwehr in einen Verschlag abgeführt worden, so die Zeugin weiter. Auch sie habe die Geschehnisse in der Silvesternacht jedoch nicht durchgängig beobachtet und könne keinen Beteiligten im Saal erkennen.
Polizisten machen Angaben
Nach den drei Augenzeugen machte auch eine Polizeibeamtin und Kollegin des Angeklagten Angaben. Die Polizistin habe sich auf der Dienststelle befunden und mitbekommen, dass eine Streife mit einer Person in Gewahrsam im Zulauf gewesen sei. Um die Kollegen zu unterstützen, sei sie zu den Zelle gegangen. "Ich meine, ich habe gefragt, ob ich einen Arzt holen soll", so die Zeugin; sie sei der Meinung gewesen, dass der Mann Verletzungen im Gesicht hatte. Anhand seiner Bankkarte habe die Beamten dann versucht, die Personalien des Mannes festzustellen. Erst zur Entlassung des Geschädigten habe sie dann wieder konkrete Erinnerungen.
Ein weiterer Polizist, der in der Silvesternacht zum Einsatzort in der Hofstatt gerufen wurde, berief sich wie schon sein Kollege am zweiten Verhandlungstag auf sein Zeugnis-Verweigerungsrecht. Auch dieser Beamte stehe nach dem aktuellen Stand der Ermittlungen, so Oberstaatsanwalt Robert Schnabl, noch als Beschuldigter im Rahmen einer möglicherweise gemeinschaftlich begangenen Körperverletzung in Verdacht.
Vorbericht:
Zahlreiche Zeugenaussagen wurden bereits am zweiten Prozesstag gegen den Wasserburger Polizisten wegen Körperverletzung im Amt verlesen. Zur Klärung der tatsächlichen Umstände in der Silvesternacht 2012 auf 2013 konnten jedoch nur wenige Aussagen beitragen. Besonders der in der Silvesternacht vermutlich vermehrt geflossene Alkohol aber auch der Zeitraum von mittlerweile über zwei Jahren, die zwischen den Vorkommnissen und der Berufungsverhandlung liegen, erschwerte bereits am zweiten Verhandlungstag die Vernehmungen der Zeugen.
Die Stimmung am Silvesterabend in der Wasserburger Hofstatt schilderten die Zeugen fast ausnahmslos als aggressiv. Bereits die Festnahme am Polizeiauto sei dabei "sehr hart" gewesen, berichten die Zeugen. Insgesamt betrachtet schilderten sie Zeugen aber bereits vor dem Landgericht in Rosenheim die Festnahme des Geschädigten nur in einzelnen, voneinander isolierten Ausschnitten, durchgängige Beobachtungen hatten nur wenige direkte Zeugen gemacht.
Ein beteiligter Polizist, der als Verstärkung zum Ort des Geschehens gerufen wurde, berief sich am zweiten Prozesstag auf sein Zeugnis-Verweigerungs-Recht. Die Staatsanwaltschaft prüfe derzeit, ob auch eine gemeinschaftliche Körperverletzung in Frage komme.
Das sagt der Angeklagte
Bereits am ersten Verhandlungstag machten sowohl der Angeklagte selbst als auch das Opfer Angaben zu den Vorfällen. So räumte der Angeklagte mehrere Schläge gegen den Computerspezialisten ein. Nachdem das Opfer in einem Gerangel die Hoden des Polizisten gepackt und zugedrückt hatte, habe der Angeklagte drei bis viermal auf den Kopf des Mannes geschlagen, solange bis der Geschädigte locker gelassen habe.
Auch beim Transport auf die Wache, sei es zu einem Schlagabtausch gekommen. Im Polizeiwagen soll sich der Mann mit Kopfstößen weiter gewehrt haben. Diese Angriffe will der Polizist damals mit einem "Schwinger" beendet haben.
Der Geschädigte berichtet Folgendes
Der Geschädigte hingegen berichtete von mehreren Misshandlungen, sowohl bei der Festnahme, dem Transport als auch in der Zelle auf der Polizei-Inspektion. Ohne Grund sei er nach einem Zwiegespräch mit einem Beamten gewaltsam festgenommen und im Fahrzeug mehrfach gegen die Schläfe geschlagen worden. Auf der Wache angekommen soll ihn dann der Beamte, der ihn im Schwitzkasten zur Zelle gebracht haben soll, mit dem Kopf vorsätzlich gegen eine Wand gestoßen haben.
Fortsetzung der Verhandlung am Mittwoch
Der dritte Prozesstag beginnt am Mittwoch ab 9 Uhr wieder unter dem Vorsitz von Christina Braune. chiemgau24.de berichtet wieder in Ausschnitten aus dem Gerichtssaal.