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Grob verkehrswidrig, aber nicht rücksichtslos? Raser in Laufen vor Gericht

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Von: Hannes Höfer

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Sein Audi RS 3 leistet annähernd 400 PS - Ein Koch aus Bischofswiesen dokumentierte seine nächtliche Raser-Fahrt von Marktschellenberg nach Berchtesgaden sogar auf Video. Ein Umstand, der den 22-Jährigen nun teuer zu stehen kommt.

Laufen – Aus der Soundanlage röhrt ein „Saturday Night“. Der Beifahrer hält die Fahrt über knapp vier Kilometer in Bild und Ton fest. Das Video im Gerichtssaal zeigt, wie die dunklen Straßenränder und Pfosten am Betrachter vorbeirasen, wie gestrichelte Flächen ebenso überfahren werden wie der Mittelstreifen. Die Kamera richtet zwischenzeitlich den Fokus auf das Armaturenbrett, wo der Tacho bis zu 253 Kilometer pro Stunde anzeigt. Selbst in den kurvigen Abschnitten sind es noch zwischen 160 und 180.

Mit „totaler Scheiß“ und „bläd hoid“ beschrieb der Angeklagte selbst sein Handeln, „wenn da do was einelafft, kannsd nimma reagier’n“, räumte er ein, beschrieb diese nächtliche Fahrt jedoch als „einmalige Sach‘“. Die war erst viel später bekannt geworden, als die Polizei dem Beifahrer wegen eines anderen Deliktes sein Telefon abnahm und auswertete. So einmalig wie behauptet, scheint der Verstoß jedoch nicht zu sein, denn als der Koch bereits über die Ermittlungen gegen ihn Bescheid wusste, schlug er einschlägig über die Stränge. Innerorts war er mit 73 Kilometer pro Stunde geblitzt worden; auf der Rossfeldstraße beschleunigte er noch nach seiner polizeilichen Vernehmung bei erlaubten 70 km/h auf 130

Höchstgeschwindigkeit bei weitem nicht ausgereizt

Gekommen waren Fahrer und Beifahrer aus Salzburg, wo man sich „mit de Buam und de Autos“ getroffen hatte. Seinen Renn-Audi hatte der Vater gekauft. „Es war niemand auf der Straße, eine konkrete Gefährdung gab es nicht“, behauptete Wahlverteidiger Rechtsanwalt Jürgen Tegtmeyer und betonte, dass sein Mandant die „mögliche Höchstgeschwindigkeit bei Weitem nicht ausgereizt hat.“ Die liegt laut Angeklagten bei 287 km/h, wobei er andeutete, dieses Tempo bereits auf der Autobahn und einer Rennstrecke ausgereizt zu haben. Tegtmeyers Ansicht, der Angeklagte sei zwar grob verkehrswidrig, aber nicht rücksichtslos unterwegs gewesen, widersprachen sowohl Staatsanwältin Sarah Harant als auch Richter Christopher Lang. 

Harant wollte der Jugendgerichtshilfe folgen, wonach es sich hier um ein jugendtypisches Verhalten gehandelt habe und dies in Folge nach Jugendstrafrecht zu verurteilen sei. „Er hat alles ausgeblendet, was passieren könnte“, stellte die Staatsanwältin fest und beantragte eine Geldbuße von 2500 Euro sowie einen zehnmonatigen Führerscheinentzug. 

Er hatte das Fahrzeug jederzeit im Griff“, wollte Tegtmeyer eine Gefährdung nicht sehen. Die Fahrt im Oktober 2020 sei nun zweieinviertel Jahre her, weshalb man nicht schließen könne, der Angeklagte sei heute, mit fast 23 Jahren, ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen. Ein Führerscheinentzug sei daher nicht angezeigt. Falls ein Schuldspruch erfolge, wäre eine Geldauflage ausreichend. 

Jugendrichter entscheidet sich für Erwachsenenstrafrecht

Der Jugendrichter sah die Sache anders. Mit Verweis auf die vergleichbare Rechtsprechung entschied Lang auf Erwachsenenstrafrecht, weil das Phänomen Autorennen nicht nur bei jungen Leuten vorkomme. „Er wollte sehen, was das Auto so hergibt“, hatte der Vorsitzende keinen Zweifel, sah das Geschehen aber gleichwohl noch „unterhalb einer konkreten Gefährdung“. Den Führerscheinentzug setzte Lang aufgrund der vergangenen Zeit auf die Mindestsperre von sechs Monaten fest. Die Geldstrafe beträgt 50 Tagessätze zu je 65 Euro, in Summe also 3250. Der zunächst ebenfalls angeklagte Diebstahl einer rot-weißen Richtungstafel rund drei Wochen später war bereits zuvor im Hinblick auf das wesentliche Geschehen eingestellt worden.

hhö

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