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Corona-Mutation beunruhigt Deutschland: Virologe warnt bereits vor Inzidenz-Steigerung um „5.000 Prozent“

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Von: Andreas Schmid

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Ein Wattestäbchen mit einem Abstrich wird im Labor für einen Corona-Test verarbeitet.
Experten warnen vor einer Ausbreitung der neuartigen Corona-Varianten. Denn dies hätte verheerende Folgen. (Symbolbild) © Oliver Berg/dpa/Symbolbild

Die neuartigen Corona-Mutationen versetzen die Politik in Alarmbereitschaft. Problematisch ist insbesondere ihre erhöhte Infektiösität. Was droht, wenn sich die Variante weiter ausbreitet?

Hamburg - Die Corona-Lage in Deutschland scheint sich momentan leicht zu entspannen. Die Sieben-Tage-Inzidenz ist rückläufig und die Reproduktionszahl liegt unter dem kritischen Wert von 1. Nichtsdestotrotz bestehe nach wie vor kein Grund für Leichtsinn, hieß es am Donnerstag (21. Januar) vonseiten Angela Merkels*. Der Bundeskanzlerin bereiten insbesondere die zuletzt aufgetauchten Virus-Mutationen Sorge. Diese seien auch der Grund für die anhaltende Verlängerung der Maßnahmen.

Corona-Mutationen: In etwa gleich gefährlich, dafür aber ansteckender - Irland und Portugal stark betroffen

Dass sich ein Virus verändert, ist nicht ungewöhnlich, betonen Epidemiologen. Das Erbgut eines Virus entwickelt sich nämlich kontinuierlich weiter. „Mutationen entstehen auf natürliche Weise mit der Anzahl der Vermehrungszyklen im Verlaufe der Ausbreitung von Viren“, erklärt etwa die Berliner Charité. Im Fall der bisher bekannten Varianten von SARS-CoV-2* geht die Forschung derzeit davon aus, dass sie zwar ähnlich gefährlich sind wie die Ursprungsversion, gleichzeitig aber auch weitaus ansteckender.

In Irland und Portugal kam es zuletzt vor allem aufgrund von Corona-Mutationen zu einem rapiden Anstieg der Infektionszahlen. Insbesondere in Portugal spitzt sich die Lage dabei zu. Nachdem das EU-Land am Mittwoch einen neuen Rekordwert an Corona-Fällen gemeldet hat, von dem 20 Prozent auf eine erstmals in Großbritannien aufgetretene Mutation zurückgehen, steht das Gesundheitssystem vor dem Kollaps.

Corona-Mutationen: Fälle in Deutschland nehmen zu - nicht nur wegen Reiseverkehr

Dementsprechend besorgt ist die Bundesregierung, dass sich die Mutation auch in Deutschland ausbreitet. Bei der verstärkten Suche nach den neuen Corona-Varianten hat es nämlich weitere Treffer gegeben. Das Robert Koch-Institut* hat bislang (Stand 21. Januar, 0 Uhr) 28 Nachweise der britischen Variante B.1.1.7 aus sieben Bundesländern gemeldet bekommen, wie eine Sprecherin am Donnerstag mitteilte. Für die Variante, die sich zunächst in Südafrika stark verbreitete, waren dem RKI außerdem 17 Fälle aus Hamburg, Nordrhein-Westfalen und Baden-Württemberg bekannt.

In Berlin sei die britische Variante in neun Fällen registriert worden. Wie das Humboldt-Klinikum erklärte, sind die Infektionen nicht wie das Gros der bisher bekannten Fälle auf Reisen zurückzuführen. Das könnte darauf hindeuten, dass die neuartige Version längst in Deutschland angekommen ist. Auch wenn es hierzu noch keine verlässlichen Daten gibt.

Medizintechniker bereiten im Institut für Infektionskrankheiten des Universitätsklinikums Marseille Proben vor, um sie auf eine hochansteckende Corona-Mutation zu untersuchen.
Weltweit gerieten Corona-Mutationen zuletzt in den Fokus. Auch in Frankreich traten erste Fälle auf. Wie hier im Uniklinikum Marseille werden daher vermehrt Proben auf die neue Variante untersucht. © Daniel Cole/AP/dpa

Corona-Mutationen: Neue Varianten machen „einen gewaltigen Unterschied in der Ausbreitung“

Problematisch scheint derweil, dass in Deutschland noch lange nicht jeder Infizierte auf die genaue Virusvariante untersucht wird. 2020 wurde gerade einmal jeder 900. positive Corona-Test* einer Erbgut-Analyse unterzogen, die Rückschlüsse auf Veränderungen gibt. In Großbritannien beispielsweise war dies bei jedem 20. Test der Fall. Deshalb ist es schwierig einzuschätzen, wie weit die Mutation* im Land bereits verbreitet ist. Was aber droht, wenn die neue Version weiter im Land grassiert? Ein Virologe rechnet vor - und zeichnet ein besorgniserregendes Szenario.

Im Gespräch mit der Welt erklärte Adam Grundhoff, Virologe am Heinrich-Pette-Institut für Experimentelle Virologie in Hamburg, die drohenden Gefahren der neuen Situation. Derzeit vermutet die Forschung, die neue Variante sei etwa 1,5-Mal infektiöser als die Ursprungsversion. Dies mache laut Grundhoff „einen gewaltigen Unterschied in der Ausbreitung.“

Corona-Mutationen: Reproduktionszahl in Deutschland aktuell unter 1

Denn „es gibt ja ein exponentielles Wachstum, mit dem man es zu tun hat bei dem Virus“. Da ein Infizierter mehrere Menschen anstecken kann, kommt es binnen kürzester Zeit zur Vervielfachung der Infektionsfälle. Die Zahl der Corona-Fälle wächst damit immer stärker an. Ein simples Beispiel: Wenn jeder Corona-Infizierte zwei weitere ansteckt, sind erst vier, dann acht, dann 16, dann 32 weitere infiziert. Das Wachstum steigt anfangs flach, dringt dann aber sehr schnell in sehr hohe Sphären.

Dementsprechend avanciert die sogenannte Reproduktionszahl* (= R-Wert) erneut zum entscheidenden Kennwert. Sie gibt an, wie viele Menschen ein Infizierter durchschnittlich ansteckt. Ist der R-Wert konstant unter 1, flacht das Infektionsgeschehen ab. Aktuell beträgt er im Wochenschnitt 0,87 - eine positive Entwicklung. Was aber passiert, wenn sich das Virus aufgrund der höheren Ansteckungsrate der Mutationen schneller verbreitet?

Adam Grundhoff im Interview mit der „Welt“.
Adam Grundhoff im Interview mit der „Welt“. © Screenshot welt.de

Corona-Mutationen: wegen höherer Infektiösität - Virologe warnt vor Inzidenz-Steigerung von „5.000 Prozent“

Grundhoff rechnet vor: „Wenn wir die aktuelle Reproduktionszahl mit 1,5 multiplizieren, dann sind wir in drei Monaten anstatt bei einer Inzidenz, die bei 50 Prozent liegt von dem, was wir jetzt haben, bei ungefähr 5000 Prozent.“ Aktuell beträgt die Sieben-Tage-Inzidenz in Deutschland 119,0 Fälle pro 100.000 Einwohner (Stand: 21. Januar, 0 Uhr). Da der R-Wert zuletzt unter 1 war, ist auch die Inzidenz gesunken.

Damit ein erneutes In-die-Höhe-Schnellen der Infektionszahlen verhindert werden kann, ist es laut Grundhoff „sehr wohl sinnvoll, die Maßnahmen zu verschärfen.“ Es handle sich um eine „Vorsichtsmaßnahme, weil die Gefahr sehr hoch ist“. Die Corona-Mutation wird Deutschland damit vermutlich noch etwas länger beschäftigen. (as) *Merkur.de ist Teil des Ippen-Digital-Netzwerks

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