RKI-Chef Wieler räumt ein: Schul-Schließungen waren NICHT nötig

Während der Corona-Pandemie hätten Deutschlands Schulen nie geschlossen werden müssen. Das räumte der scheidende Präsident des Robert-Koch-Instituts, Lothar Wieler (61), jetzt in einem Interview ein. Der scheidende Präsident zieht erstmals öffentlich Bilanz.
„Als Wissenschaftler will ich wissen: Welche Maßnahmen waren adäquat, welche Kosten-Nutzen-Effekte gab es?“, sagte der RKI-Chef, Lothar Wieler, in einem Interview mit der „Zeit“. Er betonte, dass die Aufarbeitung fundiert und als saubere Analyse durchgeführt werden müsse, „denn wir müssen ja daraus für die Zukunft lernen“.
Die Ergebnisse einer Umfrage im Auftrag der Zeit zeigen, dass eine Mehrheit der rund 2500 Befragten, 58 Prozent, sich für eine Aufarbeitung von Fehlentscheidungen im Umgang mit der Corona-Pandemie ausspricht.
„Es gab nie nur die Alternative: Entweder wenige Tote oder Schulen offen halten“
Wieler betonte, dass das RKI immer Empfehlungen abgegeben habe, mit denen man den Betrieb in Schulen und Kitas hätte laufen lassen können, wenn auch unter Anstrengung. Es habe nie nur die Alternative gegeben: entweder wenige Tote oder Schulen offen halten. Der vorhandene Spielraum sei jedoch während der Pandemie „nicht ausreichend mit der nötigen Sorgfalt, Ruhe und Sachlichkeit“ betrachtet worden.
Wieler gab zu bedenken, dass anfangs nicht bekannt gewesen sei, in welchem Maß Kinder an Corona erkranken und inwieweit sie von Langzeitfolgen betroffen seien. „Wir mussten auch sie schützen“, sagte er. Die Umsetzung sei Aufgabe der Politik und der Verantwortlichen vor Ort. „Und es war immer klar, dass jede Maßnahme Nebenwirkungen hat“, fügte er hinzu.
Wieler sagte auch, dass er aufgrund von Überlastung zu wenige Gespräche geführt habe, um die komplexen Geschehnisse besser einzuordnen. Er gab jedoch auch an, dass die Pandemie inzwischen beherrschbar sei und es daher ein guter Zeitpunkt sei, um aufzuhören und etwas Neues zu machen. Das RKI und das Bundesgesundheitsministerium hatten kürzlich bekanntgegeben, dass Wieler das Institut ab April verlässt.
mh