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Landesjugendorchester begeistert im KuKo

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Rosenheim - Sechs Konzerte in sechs Tagen absolvieren die jungen Musiker des Bayerischen Landesjugendorchesters; das im Rosenheimer Kultur- und Kongresszentrum war das zweite.

Wenn das Stress bedeuten sollte, ist es sogenannter Eustress: Dieser positive Stress erhöht die Aufmerksamkeit und fördert die Leistungsfähigkeit von Körper und Seele, ohne diesen zu schaden.

Wenn man den Musikern des Orchesters beim Musizieren zuschaut, sieht man die Auswirkungen des Eustresses: aufmerksam gestraffte Mienen, gespanntes Aufrechtsitzen, glänzende Augen, hingebungsvolle Leidenschaft im Spiel, glühende Begeisterung für die gespielte Musik. Die überträgt sich mühelos auf die Zuhörer, so dass die Konzerte dieses jugendlichen Orchesters immer etwas Besonderes sind.

Diesmal brachte das Orchester mit Tschaikowsky und Schostakowitsch, rückhaltlos-subjektivistischer, emotional aufgeheizter Musik, die dem jugendlichen Sturm und Drang entgegenkommt. Die Orchesterfantasie "Francesca di Rimini" ist Liebestragödie und Krimi mit Doppelmord in einem, Liebe bis in den Tod, von Tschaikowsky mit großem orchestralen Aufwand höchst pathetisch in Szene gesetzt - Hollywood in Musik.

Das Orchester setzte diese Tragödie mit breit-suggestivem Celloklang, schwellendem und schwelgendem, melancholisch eingefärbtem Geigengesang, unheilvoll drohendem Schlagwerk, schneidend-schicksalhafter Unerbittlichkeit und schwül-lastenden, fahlen Orchesterfarben um, das elegische Liebeslied der Klarinette schwebte darüber - auch wenn die an sich hervorragende Klarinette noch ein bisschen sehnsüchtig-weicher intonieren hätte können.

Selbst im wildesten Tontumult blieb das Orchester exakt. Das war nicht zuletzt das Werk der jungen Dirigentin: Han-Na Chang dirigierte auswendig mit genau abgezirkelten, dennoch energiegefüllten Gesten, welche die Orchesterleidenschaft in die richtigen Bahnen lenkten. Die 28-jährige Koreanerin scheint ein Wunderkind zu sein: Mit elf Jahren hat sie als Cellistin schon internationela Preise gewonnen, kann ein abgeschlossenes Philosophiestudium in Harvard vorweisen, begann ab 2007 zu dirigieren, wird von Lorin Maazel gefördert und gründete in Korea ein Musikfestival.

Hier trat sie unprätentiös in vollkommener Souveränität auf und lenkte den ihr gehörenden Beifall immer wieder auf das Orchester ab. Für den, dens interessiert: Gekleidet war sie in einen schwarzen, frackähnlichen Hosenanzug mit asymmetrisch geschnittenen Schößen.

Auch Schostakowitschs fünfte Symphonie ist ganz persönlich-existentielle, aber verschlüsselte Bekenntnismusik nach dem politischen Angriff der Partei gegen seinen musikalischen Modernismus. Das Orchester machte die monumentale Reduktion der musikalischen Mittel sowie die dadurch erzeugte düster-elegische Spannung und erregte Steigerung hör- und fast greifbar. Breitbrüstig stemmen die exakten Blechbläser ihr Thema im grimmigen Scherzo, hinreißend spielte die Konzertmeisterin das wie besoffen wirkende Ländlerthema der Violine, zauberhaft der Klagegesang der Oboe im Largo und packend die schicksalhafte Wucht des Schlusssatzes, der wie ein Gang zum Schafott wirkte - eben Hollywood in Musik, ins Wahrhafte gewendet.

Langer begeisterter Applaus der Zuhörer in der verkleinerten Halle, der leider nicht mit einer Zugabe belohnt wurde.

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