Internet versus CDU-Hinterbänkler

München – Am Montag hat CDU-Politiker Ansgar Heveling dem Internet den Kampf angesagt – und wird seit dem von einer Protestwelle überrollt. Die Netzgemeinde lacht, spottet und wehrt sich mit ihren eigenen Mitteln.
Bis Montag war der nordrhein-westfälische Ansgar Heveling, der für die CDU im Bundestag sitzt, relativ unbekannt. Jetzt kennt ihn zumindest die Internetgemeinde. Ihr hat der 39-Jährige am Montag in einem Gastkommentar im Handelsblatt den Krieg erklärt. Blogger, Piratenpartei, Social-Web-Nutzer lassen mit dem Rückschlag nicht lange auf sich warten – denn, lieber Herr Heveling, im Internet verbreiten sich Nachrichten in Sekundenschnelle. Die Netzgemeinde lacht, empört sich ein bisschen und schüttelt den Kopf über einen, der Mitglied der Enquête-Kommission Internet und Digitale Gesellschaft ist und sich so gar nicht mit der Existenz dieses Internets anfreunden will.
Kurz nach der Veröffentlichung des Beitrags wird die Internetseite

des CDU-Politikers gehackt und dort sein Austritt aus der Partei verkündet. Auf Twitter verbreiten Nutzer schließlich die Zugangsdaten zu seinser Homepage, Heveling wird als Hinterbänkler bezeichnet, ihm wird eine Technikschulung als Nachhilfe angeboten, das Twitter-Stichwort „Heveling“ entwickelt sich deutschlandweit zum Top-Trend.
Was genau hat den Spott der Internetnutzer provoziert? In seinem Gastkommentar hat sich Heveling für einen strengeren Urheberschutz im Internet ausgesprochen und die Gegner der umstrittenen US-Gesetzesinitiativen SOPA und PIPA als „digitale Moisten“ beschimpft. „Ihr werdet den Kampf verlieren“, schreibt der CDU-Politiker da. Und ist sich sicher: „Und das Web 2.0 wird bald Geschichte sein.“ Er meint, es lohne sich „unsere bürgerliche Gesellschaft auch im Netz zu verteidigen“.
„Ich habe mein Internet gelöscht“, schreibt Marina Weisband von der Piraten-Partei per Twitter. „Bin ich jetzt ein aufrechter Bürger?“ Heveling antwortet darauf natürlich nicht. Kann er nicht oder will er nicht?
Stattdessen fordert Heveling in seinem Gastbeitrag die Bürger auf: „Geht auf die Barrikaden und zitiert Goethe, die Bibel oder auch Marx. Am besten aus einem gebundenen Buch!“ Twitter-Nutzer timpritlove spottet daraufhin: „Die revolutionäre Kampfrede des Genossen #Heveling gibt es jetzt auch als gebundenes Hörbuch.“
Man muss aber auch ein bisschen Mitleid haben mit Ansgar Heveling. Mit 39 Jahren ist er zu alt, als dass er sich von Kindesbeinen an ans Internet hätte gewöhnen können, und zu jung, um sich für das Internet zu alt zu glauben. Immerhin hat sich Heveling dem Dasein des Internets so weit unterworfen, dass er eine eigene – öffentlich zugängliche – Facebook-Seite betreibt. Heveling nutzt die Möglichkeit des Web 2.0 und verlinkt dort sogar zur Live-Übertragung von Plenarsitzungen des Bundestags. Verrückt, was dieses Internet alles kann.
Kerstin Lottritz