Berlin - Die österreichische Politik ist nicht unbedingt ständig im Fokus der deutschen Debatten. Sebastian Kurz (ÖVP), so viel ist sicher, hat Wien wieder ins Blickfeld des politischen Berlins geschoben. Nicht zuletzt durch seine Wahl der Koalitionspartner. 2017 hatte er sich die nationalistisch ausgerichtete FPÖ ausgesucht. Nach der Wahl im Herbst regieren nun die Grünen an Kurz‘ Seite. Und ungeachtet dessen halten so einige Konservative zwischen Flensburg und Oberstdorf Kurz für ein Vorbild für einen modernen Konservativismus, eine Art konservativen Posterboy.
All das könnte am Montag auch Thema bei einem Treffen mit Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) in Berlin sein. Bei einem gemeinsamen Mittagessen im Kanzleramt soll es offiziell um die Beziehungen beider Länder sowie um europapolitische, wirtschaftspolitische und internationale Fragen gehen. Auch diese Felder beinhalten Zündstoff.
Kurz war in den Jahren nach dem starken Zuzug von Schutzsuchenden 2015 als scharfer Kritiker der deutschen Flüchtlingspolitik aufgetreten - und damit auch von Merkel. Zuletzt gab es weniger Misstöne in den Beziehungen, aus Sicht von Kurz auch deswegen, weil sich Deutschland in Migrationsfragen seiner Position angenähert habe. Just am Wochenende kochte das Thema Migrationspolitik wieder hoch.
Aber auch in Sachen Koalitionsfindung hat Kurz eine Ansage für die deutschen Kollegen im Gepäck. „Selbstverständlich kann die Regierung aus Konservativen und Grünen in Österreich auch ein Modell für Deutschland sein. Ich erwarte sogar, dass die nächste Regierung in Deutschland eine schwarz-grüne sein dürfte“, sagte Kurz der Welt am Sonntag. Dafür könnten tatsächlich die jüngsten Umfragewerte sprechen. Am Dienstag will Kurz dann Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier treffen.
Für Merkel steht ein arbeitsamer Montag an. Die Kanzlerin empfängt des Weiteren den argentinischen Präsidenten Alberto Fernández zu seinem Antrittsbesuch in Berlin. Themen des Treffens sind die bilateralen Beziehungen und der wirtschaftliche Austausch sowie die aktuellen politischen Entwicklungen in Südamerika. Argentinien durchlebt derzeit eine schwere Wirtschaftskrise.
Am Vormittag steht zudem ein Treffen Merkels mit Vertretern von Aldi, Lidl, Edeka und Co. auf dem Programm - dabei soll es unter anderem um die Preise von Lebensmitteln gehen.
Im September war Sebastian Kurz im deutschen Fernsehen mit ZDF-Moderator Claus Kleber aneinander geraten. Der frühere österreichische Vize-Kanzler Heinz-Christian Strache plant unterdessen ein Comeback.
dpa/AFP/fn
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