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Eine Tour für Orientierungskünstler: Durch das Chiemgauer “Klein Finnland” 

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Von: Simon Schmalzgruber

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Ein Ambiente wie in Finnland findet sich nicht nur am Kautsee.
Ein Ambiente wie in Finnland findet sich nicht nur am Kautsee. © Simon Schmalzgruber

Bad Endorf – Jeden Freitag lest Ihr hier unseren Wander-Tipp. Dieses Mal geht es um einige Seen der Eggstätt-Hemhofer Seenplatte. 

Zugegeben, die Bezeichnung Klein Finnland habe ich mir ausgedacht. Aber wenn schon im Nachbarlandkreis Traunstein ein Klein Kanada existiert, warum sollte es dann nicht auch eine exotische Bezeichnung für einen schönen Fleck Erde im Landkreis Rosenheim geben? Zwar ist es kein „Land der 1.000 Seen“, das sich zwischen Eggstätt und Hemhof befindet, auch gibt es dort keine rund 188.000 Gewässer wie in Finnland oder gar über 900.000 wie in Kanada, aber immerhin sind es 18 größere und kleinere Seen, die sich durch die letzte Eiszeit vor rund 10.000 Jahren gebildet haben. Abgesehen davon, dass sich die Anzahl der Seen dezent voneinander unterscheidet, haben die drei Landstriche doch eines gemeinsam: Der Herbst taucht alle drei Landstriche in eine farbenfrohe Wildnis, die ihresgleichen sucht. Kommt mit auf eine Tour mit abenteuerlichem Charakter! 

Die Wanderung im Überblick 

Berg/Gipfel: Keiner 

Höhenmeter der Wanderung: Circa 50 Höhenmeter 

Wanderparkplatz/Adresse fürs Navi: Parkplatz Hartmannsberg, an der St2095, 83093 Bad Endorf, Parkgebühr 50 Cent (freiwillige Abgabe zum Erhalt des Parkplatzes) 

Gehzeit: Circa eineinhalb bis zweieinhalb Stunden Gesamtaufwand 

Schwierigkeit: technisch einfach, konditionell mittelschwer, orientierungstechnisch schwer 

Einkehrmöglichkeiten: keine 

Benötigte Ausrüstung / Kenntnisse: gegebenenfalls festes Schuhwerk, gegebenenfalls Wanderstöcke, gutes bis sehr gutes Orientierungsvermögen 

Wann sollte man aufpassen? Die Beschilderung des Weges um die sieben Seen ist mehr als dürftig, sodass sich nicht nur einige mir entgegenkommende Naturfreunde verirrten, sondern auch ich immer wieder von der eigentlichen Route abgewichen bin. Dadurch, dass dort auch immer wieder das GPS Signal aussetzt, ist es nicht die dümmste Idee, sich dafür mit Kartenmaterial und/oder einem Kompass auszurüsten. 

Ist die Wanderung für Anfänger geeignet? 3/5 Punkte: Zwar ist die Tour in puncto Orientierung schwierig, dennoch kamen mir auch viele ältere Menschen entgegen. Demzufolge finde ich, dass die Tour eine Kann-, aber keine Muss-Tour für Anfänger ist. 

Für Familien mit Kindern geeignet? 4/5: Familien mit Kindern sollten auf jeden Fall Orientierungsvermögen und etwas Ausdauer mitbringen, unter der Voraussetzung ist die Tour zu empfehlen. Dennoch sollte man sich zusätzlich bewusst sein, dass man im Naturschutzgebiet unterwegs ist und lautes Toben oder Schreie durch den Wald unterlassen werden sollten, damit dieser Rückzugs- und Ruheraum für bedrohte und scheue Tiere weiterhin einer bleibt. 

Für Hunde geeignet? 4/5: Nachdem mir während der Tour wieder sehr unangenehm aufstieß, dass einige rücksichtslose Hundebesitzer trotz mehrmaligem Lesen (oder Überlesen) des Hinweises, man möge doch bitte die Hunde im Naturschutzgebiet anleinen, ihren Hund trotzdem frei herumlaufen lassen haben, wollte ich diese Kategorie eigentlich schon für die Zukunft entfernen. Im weiteren Verlauf der Tour kamen mir allerdings auch mehrere Hundebesitzer entgegen, die ihren Hund vorbildlich angeleint haben. Darum finde ich, dass Hundebesitzer diese Tour schon gehen können - aber bitte nur, wenn man auch weiß, wie man sich mit seinem Tier im Naturschutzgebiet zu verhalten hat. 

Lohnt der Gipfel-Ausblick? 1/5 Punkte: Die meiste Zeit der Tour ist man im Wald unterwegs, sodass ein Blick auf die Berge unmöglich ist. Lediglich auf dem kurzen Stück in Richtung Stephanskirchen lassen sich einige wenige Berge wie die Hochries oder die Kampenwand erspähen. 

Drei Gründe, warum sich die Wanderung lohnt

Flora und Fauna: Einige geschützte Tier- und Pflanzenarten haben hier im Naturschutzgebiet ihren Platz gefunden, wie zum Beispiel neun verschiedene Libellenarten, Orchideen, oder die immer mehr von Mensch und Klimawandel zurückgedrängte Kreuzotter. 

Ein echtes Abenteuer: Dadurch, dass man für die Orientierung unter Umständen auf analoge Hilfsmittel zurückgreifen muss, ist die Tour definitiv abenteuerlich. 

Ein Stück Urlaub: Wer Skandinavien oder Kanada liebt, wird auch diese Tour mögen. Zwar ragen weder tausend Meter hohe Berge in unmittelbarer Nähe auf, noch ist man so sehr in der Wildnis, dass Meister Petz ums Eck kommt und „Dere“ sagt, aber dennoch haben die kleinen und die etwas größeren Seen einen Charme, der uns an ferne Orte erinnert. 

Für wen die Tour nix ist  

Wer sich nicht im Naturschutzgebiet zu benehmen weiß und/oder über keinen Orientierungssinn verfügt, sollte diese Tour nicht angehen. 

Komm mit mir ins Abenteuerland!  

Startpunkt unserer Tour ist der Parkplatz zwischen Eggstätt und Bad Endorf. Von dort aus ist die Beschilderung noch gut, also folgen wir der Nummer 11 oder der Nummer 12, denn noch ist es egal. Auf ebenerdigem Weg geht es am ersten Gewässer vorbei, kurz darauf am zweiten. Deren Namen werden aber wohl nur Einheimische kennen. Vielleicht werden diese ja als Kesselseen bezeichnet? Es geht in den Wald und zack, sind wir schon am ersten größeren Gewässer angelangt: Dem Großen Kesselsee. Mit seinen 8,10 Hektar gehört er allerdings “nur” zu den mittelgroßen in der Eggstätt-Hemhofer Seenplatte. An der Badestelle, an der sich selbst im Herbst noch einige Unverfrorene ins Wasser wagen, geht es rechts vorbei und darauf ein paar Meter nach oben. Der Weg zieht sich auch nach einer Weggabelung, an der wir uns rechts halten, einige Meter weiter nach oben. Keine fünf Minuten später kommen wir an eine weitere Abzweigung, über die wir geradeaus drübergehen.

Am Großen Kesselsee befindet sich eine Badestelle, an der sich selbst mitten im Herbst noch einige Unverfrorene ins Wasser trauen.
Am Großen Kesselsee befindet sich eine Badestelle, an der sich selbst mitten im Herbst noch einige Unverfrorene ins Wasser trauen. © Simon Schmalzgruber

Wir folgen dem Weg durch den Wald und wir gelangen erneut an eine Abzweigung. Der Wegweiser nach Bad Endorf ist noch erkennbar, der Rest ist allerdings stark überwuchert. Macht allerdings nichts, denn weitere fünf Minuten später gelangen wir an eine weitere Abzweigung. Spätestens hier geht es nach links in Richtung Stephanskirchen. Es geht einige Meter aufwärts und wir gelangen auf ein kleines Plateau, auf dem sich der Wald etwas lichtet. Es geht wieder abwärts und kurze Zeit später, nachdem wir augenscheinlich am Einbessee vorbei sind, finden wir uns auf einer kleinen Brücke wieder, deren Bach den Kautsee mit dem Hartsee (dem mit 86,64 Hektar zweitgrößten See der Eggstätt-Hemhofer Seenplatte) verbindet. Wer hier eine kleine Rast einlegt, dem wird der Fischreichtum im Wasser auffallen. Außerdem huscht mit etwas Glück die ein oder andere Libelle über die Wasseroberfläche. Es surrt, plätschert und tummelt sich hier. Wer hier steht und die Seele ein wenig baumeln lässt, der wird den Sinn und Zweck von Naturschutzgebieten verstehen. Denn eine derartige Artenvielfalt außerhalb von solchen Schutzgebieten ist selten geworden.

Weiter geht‘s durch das älteste Naturschutzgebiet Bayerns

Etwa zehn Minuten später gelangen wir erneut an eine Kreuzung und endlich ist mal wieder die Sieben-Seen-Wanderung ausgeschildert. Es geht etwas durchs Dickicht, dann folgt eine schöne Passage durch den Wald. Eine gute Viertelstunde später lichtet sich der Wald und am Horizont erhebt sich Höslwang. Etwas später sind wir zurück im Wald und an einer Kapelle biegen wir links ab. Es geht nochmal nach links und wir befinden uns auf einmal an der Straße, die Höslwang mit Hemhof verbindet. Für kurze Zeit sind wir außerhalb, doch nach einem weiteren Abbiegen nach links betreten wir wieder das älteste Naturschutzgebiet Bayerns, das bereits 1939 eingerichtet wurde. Davor erhaschen wir allerdings noch einen kleinen, spärlichen Blick auf die Berge in der Nähe, wie zum Beispiel Hochgern, Kampenwand oder Hochries.

Für ein kleines Stück können wir einige Gipfel im Süden ausmachen, wie die der Hochplatte (1.587 Meter) oder der Kampenwand (1.669 Meter).
Für ein kleines Stück können wir einige Gipfel im Süden ausmachen, wie die der Hochplatte (1.587 Meter) oder der Kampenwand (1.669 Meter). © Simon Schmalzgruber

Nun wieder im Wald folgen wir dem Weg, ehe wir an eine weitere Brücke gelangen: Von hier aus lässt sich der Schloßsee, mit 26,79 Hektar viertgrößter See der Seenplatte, erblicken. Links im Bild ist der Kautsee zu sehen, der allerdings ein paar Meter weiter noch schöner ist. Außerdem ist dort eine Rastbank aufgestellt, auf der wir uns etwas erholen können. Es folgen drei weitere Weggabelungen, an denen wir uns allesamt rechts halten. Nun ist der Kesselsee nicht mehr weit. Endlich! Dort, wo das Abenteuer begann, findet es auch ihr Ende. Gut einen Kilometer geht es über die ursprüngliche Route wieder hinaus, dann sind wir wieder am Parkplatz Hartmannsberg. 

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