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Rekord der Kirchenaustritte und weniger Ehrenamtliche: Das bewegt Isen

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Applaus für die Ansprachen gab es von den Gästen des Isener Neujahrsempfangs. Rückzug aus dem Ehrenamt Kritik an der Kirche
Applaus für die Ansprachen gab es von den Gästen des Isener Neujahrsempfangs. Rückzug aus dem Ehrenamt Kritik an der Kirche © Anne Huber

„Macht ist etwas Verführerisches, es ist nicht jedem gegeben, damit umgehen zu können“: Was Pfarrgemeinderat Nußrainer beim Isener Neujahrsempfang über die katholische Kirche zu sagen hat.

Von Anne Huber

Isen – In ihrer Neujahrsansprache gingen Pfarrer Josef Kriechbaumer, Isens Bürgermeisterin Irmgard Hibler und der Vorsitzende des Isener Pfarrgemeinderats, Balthasar Nußrainer, auf die Auswirkungen von Corona, den Krieg in der Ukraine und die Energiekrise ein. Sie plädierten aber auch für Zuversicht und Hoffnung. Hatte Hibler im Jahr 2020 – beim letzten gemeinsamen Neujahrsempfang von Kommune sowie den Pfarreien Isen und Pemmering – noch als Vorsitzende des Pfarrgemeinderates gesprochen, tat sie es heuer zum ersten Mal als Bürgermeisterin.

Der Dank der Rathauschefin galt allen, die in Ehrenamt und Beruf tätig sind. Ein „herzliches Vergelt’s Gott“ richtete sie an die Gruppe Hilfsbereiter aus Pfarrei und Kommune, Flüchtlingshelfern und Privatpersonen, die den ukrainischen Kriegsflüchtlingen unterstützend zur Seite gestanden seien. „Leider ist kein Ende der Flüchtlingswelle – nicht nur aus der Ukraine – in Sicht“, sagte Hibler. Die Kommune sei aktuell stark gefordert, nicht genutzten Wohnraum oder kommunale Grundstücke für Containeranlagen zur Verfügung zu stellen. „Wir werden uns dieser Aufgabe nicht entziehen können“, betonte sie die Verantwortung der Kommune. Explizite Probleme sah sie dabei allerdings angesichts eines stark geschrumpften Helferkreises und der Notwendigkeit von zusätzlichen Betreuungsplätzen für Kinder.

Neuanfang, Modernisierung, Neuausrichtung

Doch das vergangene Jahr gebe auch Anlass für einen positiven Rückblick: Zahlreiche Feste und die 1275-Jahr-Feier hätten „unserem Jahrkreis endlich wieder seinen Charme und seine Geselligkeit“ gegeben. Hibler konstatierte zwar einen deutlichen Rückzug aus dem Ehrenamt und den Verlust von Gemeinsinn, den die Pandemie mit sich gebracht habe, sah aber auch Möglichkeiten. „Vielleicht ist es auch eine Chance für einen Neuanfang, eine Modernisierung, eine Neuausrichtung, neue Ideen zu entwickeln und umzusetzen“.

Auch die Realisierung kommunaler Projekte wie Schulumbau, Bürgerhaus, Kanal- und Straßensanierung beurteilte sie positiv. „Wir müssen mit Bedacht und in der Hoffnung, dass sich der Sturm legt, versuchen, das Beste für unsere Bürger zu erzielen.“ Gelingen werde dies dank einer starken Verwaltung und einem „solide denkenden Gemeinderat“.

Auf die Auswirkungen der großen Politik auf Markt und Pfarrei ging Pfarrer Josef Kriechbaumer in seiner Ansprache ein. So habe der Krieg in der Ukraine viele Menschen in die Flucht getrieben, „doch hier in Isen fanden sie auch Wärme und Licht“. Der Frieden in der Welt sei aber nicht nur in entfernten Ländern, sondern auch „in unseren Häusern und Ortschaften“ gefährdet. „Wir fühlen uns ohnmächtig, wenn wir sehen, was russische Soldaten an Schäden anrichten, was an Silvester in größeren Städten vielen Polizisten und Feuerwehrleuten angetan wurde.“

Ein persönlicher Trost sei ihm, dass die Kriegervereine am Volkstrauertag an die Leiden der Weltkriege erinnerten, um Ähnliches in Zukunft zu vermeiden. Positiv sei zudem, dass trotz der Einschränkungen durch Corona, Gottesdienste im Freien stattfanden oder Gottesdienste gestreamt wurden. Auch dass die kirchlichen Feste und Feiern wieder von vielen Fahnenabordnungen der Vereine begleitet wurden stimmte ihn positiv. Als segensreiche Neuerungen in der Pfarrei nannte Kriechbaumer den barrierefreien Zugang zur Pfarrkirche St. Zeno und die neuen Horträume des katholischen Kindergartens.

Vertrauensverlust in die katholische Kirche

Nußrainer, der Vorsitzende des Pfarrgemeinderates, legte den Fokus in seiner Rede auf den Vertrauensverlust in der katholischen Kirche. Das Missbrauchsgutachten habe zu einem Rekord der Kirchenaustritte geführt, sagte er. „Macht ist etwas Verführerisches, es ist nicht jedem gegeben, damit umgehen zu können“. Er sei froh, dass es in Isen mit Pfarrer Kriechbaumer und Gemeindereferent Bernhard Schweiger zwei Seelsorger gebe, „die respektvoll und auf Augenhöhe“ mit den Mitgliedern umgingen.

Die Kirche müsse sich zurückbesinnen, was sie in ihrem Wesen sei, erklärte Nußrainer. Kein Machtapparat von oben, sondern eine Gemeinschaft „mit Ehrenamtlichen als eigenständige und selbstbewusste Mitarbeiter im Weinberg des Herrn“.

Nach dem offiziellen Teil, der traditionell mit dem gemeinsamen Singen der Bayernhymne endete, hatten die Gäste noch genügend Zeit für Gespräche und einen Gedankenaustausch. Das Saxofon-Trio mit Regina Gaigl, Andreas Scheibner und Magdalena Scherzl sorgte für Stimmung. Dass es für die Musiker eine Premiere war, war dem Vortrag der anspruchsvollen Stücke überhaupt nicht anzumerken.

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