1. wasserburg24-de
  2. Wasserburg
  3. Landkreis Rosenheim

Tirol zu Blockabfertigung im Inntal: „Kann nicht versprechen, dass es weniger wird“

Erstellt:

Von: Michael Weiser

Kommentare

Bahn-Fan: die Tiroler Landeshauptmanns-Stellvertreterin und Verkehrspolitikerin Ingrid Felipe.
Bahn-Fan: die Tiroler Landeshauptmanns-Stellvertreterin und Verkehrspolitikerin Ingrid Felipe. © Gerry Berger

Gibt es Hoffnung im Transitstreit zwischen Bayern und Tirol? Ist die Blockabfertigung bei Kufstein Schikane? Und was ist von Grenzkontrollen der Deutschen zu halten? Tirols Landeshauptmanns-Stellvertreterin Ingrid Felipe (Grüne) spricht gegenüber der OVB-Redaktion Klartext.

Haben Sie Verständnis dafür, dass die Menschen im Inntal dem Mai-Ende und dem Juni nervös entgegensehen – wegen der vielen Blockabfertigungstermine ab 23. Mai?

Ingrid Felipe: Die Menschen in Tirol sind ja auch nervös, auch wegen des Urlaubsverkehrs. Immer um die Feiertage im Mai und im Juni herum mit den verlängerten Wochenenden droht erhöhter Verkehr mit erhöhtem Dosierbedarf. Da sind viele Menschen aus dem Norden Richtung Süden unterwegs, aber auch viele Leute aus und nach Tirol. Wir müssen den Verkehr steuern. Corona sorgte für ein Nachlassen des Verkehrsdrucks, aber diese Wirkung war dann eben doch sehr kurzfristig. Wegen der hohen Belastungen, da bereits morgens auf uns zurollen, müssen wir den Verkehr so dosieren und so kanalisieren, dass wir nicht frühmorgens schon in Tirol einen Verkehrsinfarkt haben.

Bei Landeshauptmann Platter klingt das eher, als wolle er Deutschland wegen des Brenner-Nordzulaufs Beine machen.

Felipe: Ich will nicht für den Landeshauptmann sprechen. Es ist aber bis zu einem bestimmten Grad schon frustrierend. Wir haben sehr viele Gespräche mit verschiedenen Verantwortlichen geführt, mit Bundesverkehrsministern und Ministerpräsidenten. Und immer wieder haben wir auch am Verhandlungstisch auch Verständnis geerntet. Wir haben Memoranden unterschrieben, ein Zehn-Punkte-Programm vereinbart, wie wir die gemeinsamen Bemühungen um die Verbesserung der Infrastruktur und Verlagerungsmöglichkeiten voranbringen. Aber viel geschehen ist da leider nicht.

Stillstand: Beim jüngsten Blockabfertigungstermin Ende April summierten sich die Staus auf über 50 km.
Stillstand im Transitstreit: Beim jüngsten Blockabfertigungstermin Ende April summierten sich die Staus auf über 50 km. © Josef Reisner

Langsam, aber doch geht es voran. Im Jahr 2025 wird der Bundestag über die Planungen der Bahn abstimmen.

Felipe: Ich habe doch die Wahrnehmung, dass in Österreich einiges mehr passiert ist als auf deutscher Seite. Ein heißes Thema war die Mautbefreiung rund um Kufstein. Das ist auf österreichischer Seite passiert. Es war keine leichte Übung, muss man ehrlicherweise sagen. Es hat auch sieben Jahre gedauert. Wir haben auch die Steigerung der Kapazitäten für die rollende Landstraße voranbringen können. Nur werden die Kapazitäten noch immer nicht genutzt. Und so schauen wir hoffnungsvoll, aber nicht ganz euphorisch in Richtung Bayern. Weil die Diskussionen darüber, wo die Trasse für den Nordzulauf gebaut werden soll, weiterhin sehr mühsam und schleppend. verläuft.

Haben Sie den Eindruck, dass man auf deutscher Seite sonst etwas beschleunigen kann?

Felipe: Ich als Grüne hatte im Regionalbeirat, wo es eben auch um den Nordzulauf gegangen ist, ein irritierendes Erlebnis. Zwei Vertreter beziehungsweise Vertreterinnen der CSU, also der bayerischen Regierungspartei, klangen für mich sehr negativ, als es um das Projekt ging. Wir Grüne sind ja normalerweise jene mit weniger Begeisterung für große Infrastrukturmaßnahmen. Ich glaube aber, dass es bei uns jedenfalls entscheidend war, dass ich gemeinsam mit meinem konservativen Regierungskollegen für den Brenner-Nordzulauf Werbung gemacht habe. Das Projekt war auch in Tirol herausfordernd, aber da muss man gemeinsam die Bürgerinnen und Bürger überzeugen, den Mehrwert dieser Infrastruktur zu erkennen.

Einige Bürgermeister im Inntal hoffen ja wohl auch darauf, an den Tiroler Verkehrsverbund mit seiner schnellen Taktung angebunden zu werden.

Felipe: Wir führen immer wieder Gespräche, auch mit den Landräten im angrenzenden bayerischen Euregio-Gebiet. Sie wissen vielleicht, dass wir auf der touristischen Ebene die erste Linie bereits in Kraft gesetzt haben. Aber der Wunsch nach grenzüberschreitenden Linien und Tarifen ist weiterhin groß. Wir werden da nicht müde werden, uns um eine Verbesserung zu bemühen, weil es natürlich auch für uns wünschenswert ist, dass wir eine gute Anbindung Richtung Rosenheim und München haben. Auch in der Region von Kufstein und Kiefersfelden ist das wichtig, weil es da sehr viele freundschaftliche und familiäre Beziehungen gibt. Das wir haben wie in der Corona-Zeit schmerzlich gemerkt.

Nochmals zurück zum Transitwahnsinn. Hat Österreich nicht eine Mitschuld, indem es den Sprit zu billig anbietet?

Felipe: Momentan ist das ein schwieriges Thema, weil eben viele Menschen im täglichen Leben unter hohen Spritpreisen leiden. Ja, in Österreich ist der Diesel privilegiert gegenüber dem Benzin. Wenn nach mir ginge, wäre dieses Dieselprivileg schon seit langem abgeschafft. Es wurde seinerzeit zur Förderung des Straßengüterverkehrs eingeführt, und selbstverständlich gehört das weg, das haben wir schon oft gefordert. Aktuell haben wir im Nationalrat keine Mehrheit dafür. Meine Kollegen, die dort mit an der Regierung sind, verhandeln intensiv, dass das in einem zweiten Schritt der ökosozialen Steuerreform abgeschafft wird. Was es dafür natürlich braucht, ist eine richtige Reform der Pauschale für Pendler, damit wir nicht die Falschen bestrafen. An diesem Reformpaket wird gearbeitet.

Was halten Sie vom Vorschlag des bayerischen Ministerpräsidenten Markus Söder, die LKW-Maut auf deutscher Seite drastisch zu erhöhen?

Felipe: Ich habe diesen Vorschlag mit großer Freude gehört, das ist etwas, was wir brauchen. Wir haben unsere Mautmöglichkeiten ausgereizt, Deutschland und Italien hingegen hätten jetzt noch Spielräume. Ich weiß allerdings nicht, wie das die deutsche Bundesregierung sieht, die das letztendlich umsetzen muss.

Bundesverkehrsminister Wissing schweigt zumindest in der Öffentlichkeit beharrlich.

Felipe: Für uns ist nachvollziehbar, dass Deutschland als viel größeres Land mit viel mehr Einwohnern, Städten und Verkehrswegen riesige Herausforderungen hat. Vielleicht haben da Angelegenheiten ganz im Süden nicht immer höchste Priorität. Aber es geht einfach um die wichtigste Nord-Süd-Verbindung in der Europäischen Union. Deswegen muss man sehen, wie man die Menschen, die dort leben und auch die, die auf der Straße arbeiten, entlastet. Ich schließe aus Markus Söders Vorstoß, dass es auch in Bayern immer mehr Menschen gibt, die sagen, dass es so nicht weitergehen kann.

Ist für die Menschen im Inntal Entlastung in Sicht, oder kommen noch mehr Blockabfertigungstage?

Felipe: Ein zusätzliches Problem neben der steigenden LKW-Belastung besteht darin, dass wir in Tirol bei den Brückenbauwerken zunehmenden Sanierungsbedarf erkennen. Die Asfinag, unser Autobahnbetreiber, versucht, die Wartungs- und Instandsetzungsarbeiten sehr achtsam und vorwiegend in der Nacht zu erledigen, aber manchmal muss sie den Verkehr auch einspurig führen. Ich kann daher leider nicht versprechen, dass es weniger wird. Womöglich werden wir den einen oder anderen Tag auch aufgrund der Sanierungsarbeiten zusätzlich benötigen. Eine Möglichkeit der Entlastung, die auch in dem berühmten Zehn-Punkte-Programm enthalten ist, wäre, dass wir die elektronische, digitalisierte Straße verbessern. Damit könnten wir den kontrollierten Zufluss aus den Parkplätzen der Raststätten schon in Deutschland und anschließend in Tirol und Italien anstreben.

Deutschland kündigt Grenzkontrollen wegen des G7-Gipfels schon jetzt an. Können Sie das nachvollziehen?

Felipe: Ich habe mich irgendwas zwischen gewundert und geärgert, dass in Deutschland und Österreich an der Grenze kontrolliert wird. Wo doch der Gerichtshof der Europäischen Union festgestellt hat, dass das nicht den gemeinsamen Spielregeln entspricht. Zum andern ist es skurril, wenn uns mit einer Klage wegen der Blockabfertigung gedroht wird, dann aber ein Nationalstaat sich hinwegsetzt und sagt: Wenn dieser EuGH Recht spricht, ist uns das egal. Ich bin Demokratin. Ich finde, dass wir uns an Regeln halten sollten, so schwierig sie gelegentlich auch sind.

Auch interessant

Kommentare

Liebe Leserinnen und Leser,
wir bitten um Verständnis, dass es im Unterschied zu vielen anderen Artikeln auf unserem Portal unter diesem Artikel keine Kommentarfunktion gibt. Bei einzelnen Themen behält sich die Redaktion vor, die Kommentarmöglichkeiten einzuschränken.
Die Redaktion