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Nach Corona-Ausbruch in JVA Bernau: Wie laufen die Impfungen in Gefängnissen?

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Von: Heinz Seutter

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JVA Bernau Corona
Die JVA Bernau: Dort sorgte ein besonders heftiger Corona-Ausbruch für Probleme. (Archivbild & Symbolbild) © picture alliance/dpa | Andreas Gebert (Archivbild) / picture alliance/dpa/Nanographics/apa | Peter Mindek (Montage)

Im November des vergangenen Jahres sorgte ein massiver Corona-Ausbruch in der Justizvollzugsanstalt (JVA) Bernau für Aufsehen. Angesichts dessen stellt sich die Frage, wie es mit Impfungen in Gefängnissen der Region läuft. Hier sorgt nun eine Stellungnahme des Justizministeriums für Antworten.

Bernau/München - „Die Impfquote bei den Gefangenen ist nicht mit dem Durchschnitt der Impfungen in der Allgemeinbevölkerung vergleichbar. Denn die Zusammensetzung der Gefangenen spiegelt die Bevölkerung gerade nicht im Verhältnis eins zu eins wider. So gehören Gefangene nach den Erfahrungen der Staatsregierung vielmehr häufig Bevölkerungsgruppen an, die für Impfungen auch außerhalb des Justizvollzugs nicht oder nur schwer erreichbar sind. Dies zeigt sich daran, dass ein Großteil der Neuzugänge in den Justizvollzugsanstalten ungeimpft ist“, schreibt das Bayerische Justizministerium in seiner Antwort auf eine Kleine Anfrage einer Gruppe von Grünen-Abgeordneten im Bayerischen Landtag. Genaue Zahlen für die Impfquote könne man angesichts des ständigen Zu- und Abgangs von Gefangenen nicht machen. „Auch vor diesem Hintergrund stellt die Coronapandemie die bayerischen Justizvollzugsanstalten vor enorme Herausforderungen, die diese jedoch bislang mit beachtlichem Erfolg meistern.“

Nach Corona-Ausbruch in JVA Bernau: Wie ist die Corona-Impfquote in den Gefängnissen?

Auch in Gefängnissen sorgt die Pandemie für Probleme. Ende November des vergangenen Jahres sah sich die Justizvollzugsanstalt (JVA) Bernau mit einem massiven Corona-Ausbruch bei Mitarbeitern und Gefangenen konfrontiert. Der der Anstalt vorstehende Leitende Regierungsdirektor Jürgen Burghardt sprach gegenüber den OVB-Heimatzeitungen von einer „seit einigen Wochen äußerst dynamischen Entwicklung“, dies „trotz der weiterhin konsequent durchgeführten Zugangstrennung neu inhaftierter Gefangener und der Einhaltung vielfältiger Hygienevorgaben.“ Die Folge war ein neuerlicher anstaltsinterner Lockdown, welcher für die inhaftierten Männer ganz erhebliche Einschnitte mit sich brachte. Erst Mitte Dezember entspannte sich schließlich die Lage wieder, zwischenzeitlich erhielten die Anstaltsärzte wegen des Ausbruchs auch die Erlaubnis zu impfen.

Auch andernorts kam es in Gefängnissen der Region zu Corona-Ausbrüchen, wie eine Kleine Anfrage der Augsburger Grünen-Landtagsgeordneten Stephanie Schuhknecht an das Bayerische Justizministerium ergab. Dabei wird deutlich: Bernau macht mit 134 von 551 Fällen bei Gefangenen knapp ein Viertel aller Fälle in dieser Gruppe in Bayern seit Beginn der Pandemie aus. Bei Gefangenen mit 62 von 594 Fällen immerhin noch fast zehn Prozent. In den übrigen JVAs der Region sind es dagegen verschwindend gering viele Fälle bei beiden Gruppen. Nun muss man dabei allerdings berücksichtigen, dass Bernau mit 910 Haftplätzen gleichzeitig bei weitem die größte JVA der Region ist. Bad Reichenhall hat Platz für 43 Gefangene, Mühldorf am Inn für 82 und Traunstein für 143.

„Besonders sensibler Bereich der kritischen Infrastruktur“

„Justizvollzugsanstalten sind unter Infektionsschutzaspekten ein besonders sensibler Bereich der kritischen Infrastruktur. In den 36 bayerischen Justizvollzugsanstalten sind viele Personen auf engem Raum untergebracht. Die gebotenen Abstände können aufgrund der baulichen, kurzfristig nicht veränderbaren Gegebenheiten, aber auch zur Wahrung unverzichtbarer Sicherheitsbelange, wie beispielsweise Durchsuchungen, zum Teil nicht eingehalten werden“, räumt das Justizministerium in seiner Antwort an die Abgeordneten ein. „Ein Teil der Gefangenen ist zudem als vulnerable Personengruppe anzusehen und hat vielfach ein infektionsrelevant erhöhtes Gesundheitsrisiko. Justizvollzugsanstalten sind daher teilweise vergleichbar mit anderen geschlossenen Einrichtungen, in denen sich vulnerable Personen aufhalten, wie Alten- und Pflegeheime, Krankenhäuser und so weiter.“

Gleichzeitig seien umfangreiche Maßnahmen ergriffen worden, um den Infektionsschutz zu erhöhen. „Alle neu zugegangenen Gefangenen werden grundsätzlich für mindestens zwei Wochen, bei Geimpften und Genesenen fünf Tage, von den übrigen Gefangenen getrennt untergebracht, bis eine Coronainfektion ausgeschlossen werden kann. Eine Testung der Gefangenen erfolgt stets nach Ablauf dieser Frist, wenn die getrennte Unterbringung beendet werden soll“, so das Ministerium weiter. Darüber hinaus gebe es umfangreiche Testangebote beziehungsweise regelmäßige Tests bei Gefangenen wie Bediensteten.

Zusammensetzung der Gefangenen bestimmt Impfquote mit

Zum Stand 30. September 2021 seien mehr als die Hälfte der noch inhaftierten Gefangenen zumindest einmal geimpft, berichtet Ministerium in seiner Antwort weiter. „Nicht erfasst sind hierbei die geimpften Gefangenen, die zwischenzeitlich wieder entlassen wurden. Insgesamt sind in den Anstalten daher bereits deutlich mehr Gefangene geimpft worden, als in den Zahlen zum Ausdruck kommt“, so das Ministerium weiter. „Darüber hinaus kommt aufgrund der teilweise hohen Fluktuation – insbesondere in den Untersuchungshaftanstalten, Abschiebehafteinrichtungen und Justizvollzugsanstalten, in denen vornehmlich kurze Freiheitsstrafen und Ersatz-Freiheitsstrafen vollzogen werden – jeden Monat eine erhebliche Zahl neuer ungeimpfter Gefangener hinzu.“

Unterschiede bei den in den einzelnen Justizvollzugsanstalten bestehenden Impfquoten würden sich unter anderem aufgrund der in den jeweiligen Anstalten anzutreffenden Zusammensetzung der Gefangenen ergeben. „So sind etwa Gefangene, die zu langen Freiheitsstrafen verurteilt sind, regelmäßig eher bereit, sich impfen zu lassen. Untersuchungs- und Abschiebegefangene halten sich demgegenüber oftmals nur kurzzeitig in den jeweiligen Anstalten auf, sodass, jedenfalls doppelte, Impfungen mitunter schon aus zeitlichen Gründen nicht möglich, aber auch häufig von den Gefangenen gar nicht gewünscht sind.“

Keine Impfpflicht für Bedienstete

Da es keine beziehungsweise noch keine Impfpflicht für sie gebe, würden auch keine Konsequenzen für ungeimpftes Personal verhängt. „Die Justizvollzugsanstalten können aber nach den Vorgaben des Infektionsschutzgesetzes (IfSG) die Erkenntnisse über den Impf- und Serostatus der Bediensteten insbesondere für die Art und Weise der Beschäftigung der Justizvollzugsbediensteten verwenden. Etwa in dem Fall, dass bei der Behandlung eines Gefangenen in einem externen Krankenhaus vom Krankenhaus gefordert wird, dass die Bewachung nur durch Bedienstete erfolgt, die über einen Impf- oder Genesenennachweis verfügen.“

„Es ist erklärtes Ziel, in den Justizvollzugsanstalten hohe Impfquoten zu halten beziehungsweise niedrige Impfquoten zu erhöhen. Dies ist eine Daueraufgabe, die mit Nachdruck verfolgt wird“, betont das Justizministerium abschließend. „Die Gefangenen werden bereits im Rahmen des Zugangsgesprächs über die Möglichkeit einer Impfung informiert. Hierzu werden auch in mehreren Sprachen verfügbare Formblätter ausgehändigt, die die wichtigsten Informationen über das Coronavirus enthalten und mit denen die Gefangenen direkt eine Impfung beantragen können. Darüber hinaus werden in den Unterkunftsbereichen verstärkt Aushänge angebracht, die auf das Impfangebot der Anstalt hinweisen. Ferner werden die Anstaltsärztinnen und -ärzte sowie Stationsbediensteten bei den Gefangenen vermehrt für Impfungen werben. Schließlich wird auch bei den Besprechungen mit Vertretern der Gefangenenmitverantwortung die Thematik behandelt.“

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