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Streit um Tarifstreik - Parkkralle als „rabiates Mittel gegen Arbeitnehmervertreter“?

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Von: Marina Birkhof

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Eine Parkkralle auf dem Firmengelände der Pfaffinger Firma Alpenhain sorgt für Ärger
Eine Parkkralle auf dem Firmengelände von Alpenhain in Pfaffing sorgte für Ärger. Die NGG-Region Rosenheim-Oberbayern erhebt schwere Vorwürfe gegen die Käsehersteller-Geschäftsleitung. © red/dpa

Pfaffing - Eine Parkkralle, die für Wirbel sorgt: In einer Pressemitteilung wirft die Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG) der Geschäftsleitung des Pfaffinger Käseherstellers Alpenhain vor, immer härtere Bandagen gegen Arbeitnehmervertreter einzusetzen. Die Firma lässt die Vorwürfe nicht unkommentiert.

Am Mittwoch, den 30. September 2020, wollen Beschäftigte des Käseherstellers Alpenhain erneut in den Streik treten. Sie fordern einen Tarifvertrag.

Ende August 2020: Streit um Tarifstreik - Parkkralle als „rabiates Mittel gegen Arbeitnehmervertreter“?

Konkret geht es um einen Vorfall am Dienstag, 25. August: Während eines Besuchs beim Betriebsrat sei der NGG-Region Rosenheim-Oberbayern zufolge am Auto des Gewerkschaftssekretärs Manuel Halbmeier rechtswidrig eine Parkkralle angebracht worden. Nach Informationen der Gewerkschaft soll Alpenhain-Geschäftsführer Robert Winkelmann dies mit folgenden Worten kommentiert haben: „Man muss die Gewerkschaft von den Mitarbeitern fernhalten. Dann geht es ihnen besser.

NGG: „Alpenhain greift zu rabiaten Mitteln gegen Arbeitnehmervertreter"

„Sind damit Kritiker im Betrieb unerwünscht?“ fragt sich die NGG nach dieser Aktion und spricht von einem „Einschüchterungsversuch“, der sein Ziel jedoch verfehlt habe: „Wer glaubt, Arbeitnehmervertreter nach Gutsherrenart behandeln zu können, hat die Rechnung ohne die Alpenhain-Belegschaft gemacht“, wettert Halbmeier. Die Firma habe die Kralle erst nach Aufforderung der Polizei entfernt. Halbmeier behalte sich weitere rechtliche Schritte vor. „Ein Besucherparkplatz ist nicht der Ort, einen Streit mit dem Sozialpartner auszutragen.“

Hintergrund des Konflikts bei Alpenhain ist die Forderung von Gewerkschaft und Betriebsrat, einen Tarifvertrag für die rund 450 Beschäftigten am Standort Pfaffingen abzuschließen. Alpenhain lehnte dies bislang ab. Seit gut einem Jahr ist es im Werk immer wieder zu Arbeitsniederlegungen gekommen.

„Die Beschäftigten sind sauer. Während die meisten Mitarbeiter in Bayerns milchverarbeitender Industrie in den Genuss von Tarifverträgen kommen, ziehen die Beschäftigten bei Alpenhain in puncto Bezahlung und Arbeitsbedingungen den Kürzeren“, betont Halbmeier. Für die mittlerweile als systemrelevant anerkannte Arbeit in der Ernährungsindustrie müsse es gerade im wirtschaftlich starken Oberbayern eine höhere Wertschätzung geben.

Gegendarstellung der Alpenhain-Geschäftsführung:

Die Geschäftsführung von Alpenhain ließ mit einer Stellungnahme nicht lange auf sich warten und schilderte auf Nachfrage von wasserburg24.de ihre Sicht der Dinge: An besagtem Dienstag habe Halbmeier gegen 14.30 Uhr auf dem Alpenhain-Firmengelände mit seinem Fahrzeug geparkt. „Unser Gesellschafter und Eigentümer Peter Wagner wurde von ihm auf den Streik angesprochen. Unser Empfang bestätigte ebenfalls, dass sich Halbmeier vor der Eingangstür im Erdgeschoss mit jemandem unterhielt. Halbmeier hat sich demnach auf dem Firmengelände aufgehalten, obwohl er laut richterlichem Beschluss vom 25. September 2019 keine offizielle Zutrittsberechtigung hatte."

Nachdem der Gewerkschaftssekretär allerdings nicht auffindbar gewesen sei, hätten Geschäftsführung und Werksleitung beschlossen, dessen Auto mit einer Parkkralle festzusetzen. Dies sei in erster Linie geschehen, um ihn noch einmal persönlich auf die rechtliche Situation und die Verletzung des richterlichen Beschlusses aufmerksam zu machen. „Halbmeier meldete sich gegen 15.15 Uhr am Empfang mit den Worten, er sei ‚jetzt noch 10 Minuten im Haus und wenn die Parkkralle bis dahin nicht entfernt ist, dann scheppert‘s aber gewaltig‘.“ Daraufhin habe Alpenhain-Geschäftsführer Winkelmann Halbmeier darauf hingewiesen, dass sein Aufenthalt auf dem Firmengelände als Verletzung des richterlichen Beschlusses aufgefasst werde, da es weder eine Betriebsratssitzung noch eine Betriebsversammlung gebe und er sich auch nicht an der Rezeption angemeldet habe.

Die Geschäftsführung habe nach diesem Gespräch mit Halbmeier gegen 15.30 Uhr die Parkkralle - noch vor dem Eintreffen der Polizei und nicht wie von der NGG beschrieben auf polizeiliche Aufforderung hin - entfernt. Laut der Geschäftsführung der Firma habe Halbmeier in der Zwischenzeit zwar die Polizei gerufen. Die sei jedoch erst nach 15.30 Uhr erschienen, zu dem Zeitpunkt als Halbmeier bereits wieder abgefahren sei, heißt es in der schriftlichen Stellungnahme von Alpenhain.

Uneinigkeit über Zitat des Alpenhain-Geschäftsführers:

Das angebliche Zitat von Winkelmann sei überdies „so nicht gefallen“, sondern „sinngemäß aus einem größeren Zusammenhang konstruiert“. Halbmeier habe auf dem Parkplatz im Gespräch mit Winkelmann gefordert, Tarifverhandlungen aufzunehmen und betont, dass man dieser Forderung Nachdruck verleihen werde - auch durch weitere und längerfristige Streiks. Halbmeier habe laut der Stellungnahme von Alpenhain die Aussage getätigt der wirtschaftliche Schaden bei Alpenhain sei noch nicht groß genug. Auf diese Aussage hin habe Winkelmann erwidert, dass das Vorgehen der NGG gerade in den bereits schwierigen Corona-Zeiten „verantwortungslos“ sei und „mehr Schaden als Nutzen“ anrichte. Schlimmstenfalls gefährde es sogar aktuell sichere Arbeitsplätze. Winkelmann betonte, dass er es als seine Pflicht sehe, die Mitarbeiter vor einer aus seiner Sicht „zerstörerischen Haltung der Gewerkschaft zu schützen“.

Seit Monaten Streit um Tarifvertrag am Standort Pfaffing 

Auch das Thema Tarifkonflikt ließ die Geschäftsführung nicht unkommentiert: „In der langen Tradition als Familienunternehmen stellt die Alpenhain Käsespezialitäten GmbH fest, dass sich gute Arbeitsbedingungen für das Unternehmen und die Mitarbeiter am besten innerbetrieblich gestalten lassen, ohne betriebsfremde Vorgaben von außen.“

Das Vergütungsmodell, das über Jahrzehnte entwickelt worden sei, müsse „absolut keinen Branchenvergleich scheuen“. Das Unternehmen sehe sich daher darin bestärkt, dass Lösungen am besten intern erarbeitet werden können. Zudem sehe sich Alpenhain in der langjährigen Firmenzugehörigkeit der Mehrzahl der Mitarbeiter bestätigt, dass diese mit dem Gesamtpaket bei Alpenhain zufrieden seien und auch angeblich bessere Gehälter bei Großmolkereien in der Region nicht ausreichen würden, der Familienkäserei den Rücken zu kehren.

Pressemitteilung NGG-Region Rosenheim-Oberbayern/Presseabteilung Alpenhain/mb

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