Orts-Besuch beim Team, das kollektiv zurücktreten will
Exklusiv: So schlimm ist die Lage im Schonstetter Feuerwehr-“Häuschen“ wirklich
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Die Schonstetter Feuerwehr tritt zurück. Grund: Das marode Feuerwehrhaus. Doch wie schlimm ist die Lage wirklich? Wir waren vor Ort.
Schonstett – Seit Tagen wird über das Feuerwehrhaus in Schonstett diskutiert. Nachdem der Gemeinderat beschlossen hat, dass es wieder kein neues Gerätehaus geben wird, hat die Mannschaft – wie vorher angekündigt – ihre Konsequenzen gezogen. Zum 1. Januar werden die Feuerwehrler mehrheitlich ihr Amt niederlegen. Doch wie schlimm ist die Lage wirklich? Ist die Kritik berechtigt? Die Wasserburger Zeitung war vor Ort.
Schon bei der Abzweigung von der Hauptstraße in Richtung Feuerwehrhaus, wird deutlich: Die Zufahrt ist sehr eng. Die Fahrzeuge müssen sich auf der schmalen Straße zwischen dem Dorfladen und der Schule durchzwängen. Gegenüber vom Gerätehaus befinden sich Wohnungen mit mehreren Stellplätzen. Zwei davon im Bereich der Zufahrt, die den sowieso schon knappen Platz noch enger machen, wenn dort Autos parken.
Vor dem Gerätehaus warten Feuerwehrkommandant Wolfgang Niedermaier, sein Stellvertreter Rudi Angerer und Bürgermeister Paul Dirnecker.
Klein, kleiner, Gerätehaus
Wir treten ein in das besagte „Häuschen“ – anders kann man es nicht bezeichnen: Klein, kleiner, Schonstetter Feuerwehrhaus. Neben dem Mannschaftswagen befinden sich die Spinde für einen Teil der Aktiven. Aus Platzmangel sind die Ankleiden über das gesamte Gebäude verteilt. Weitere Möglichkeiten, sich umzuziehen, sind in einem angrenzenden Raum, die Spinde für die Jugendfeuerwehr sind im ersten Stock untergebracht. Jeder Zentimeter wird genutzt. Hinter dem Wagen ist ein kleiner, selbst gebauter Arbeitsplatz eingerichtet. Das Fahrzeug wurde damals passgenau für die Halle angeschafft. An der Decke geht es um wenige Zentimeter aus. Die Feuerwehrler ziehen sich neben dem Fahrzeug um, auch wenn der Motor schon läuft. Eine Abgasanlage gibt es nicht.
Weiter geht es – nach der ersten Stolperfalle durch eine große Stufe – in den danebenliegenden Raum. Hier folgt sogleich der nächste Schock: Denn die Halle ist so winzig, dass der Löschwagen gerade so hineingeht. Das Gefährt wurde 2002 angeschafft, damals musste die Halle schon nach vorne erweitert werden, damit es dort untergebracht werden konnte. Die Fahrzeugtüren gehen nicht ganz auf, stoßen beim Öffnen gegen die Wände. Links und rechts an der Mauer sind kleine Stoffflicken angebracht, damit der Lack nicht verkratzt.
Der Einstieg: für Ungeübte fast unmöglich. Bei dem Versuch, das Gefährt zu betreten, rutscht Redakteurin Anja Leitner gleich zwei Mal aus. Da die Fahrzeugtür sich nicht ganz aufmachen lässt, kommt man mit den Füßen nur schwierig – oder gar nicht – auf die Einstiegshilfen, die sich im vorderen Teil der Tür befinden. Es bleibt also nur eines übrig: links und rechts an den Griffen festhalten und sich ins Löschfahrzeug reinhieven. Eine schweißtreibende Aufgabe – und das bereits ohne Montur und Helm. Darüber hinaus hat die Redakteurin alle Zeit der Welt. Das sieht bei einem Einsatz anders aus.
Nach dem beschwerlichen Erklimmen des Löschwagens folgt die erste Fahrt. Die Zufahrt zur Halle ist – wie eingangs erwähnt – sehr schmal. Aber erst beim Mitfahren wird einem bewusst, wie sehr. Rechts aus der Halle raus, knapp am Gartenzaun des Nachbarn vorbei, zurücksetzen, rangieren und die erste Kurve nehmen – im besten Fall ohne am Feuerwehrhaus entlang zu schrammen. Dann die Straße nach links hoch.
Großer Zeitverlust beim Ausparken
Der Fahrer bugsiert das Gefährt knapp an der Hauswand und den parkenden Autos vorbei. Noch einmal zurücksetzen, dann kann er die Zufahrt passieren. Selbst ein geübter Lenker braucht dafür circa drei Minuten und das, obwohl beim Einsatz jede Sekunde zählt. Abgesehen davon, dass es nur eine Ein- und Ausfahrt gibt. Die anrückenden Feuerwehrler parken ihre Autos beim Wirt, am Dorfladen oder bei der Schule und laufen zum Gerätehaus runter. Ein Wunder, dass hier noch nie etwas passiert ist.
Auch im Gebäude selbst ist es erstaunlich, dass es noch nie zu einem größeren Unfall gekommen ist. Das wird noch mehr bewusst, als die Mannschaft zur Übung anrückt. Jacken und Hosen werden angelegt, Helme aufgesetzt, großes Gewusel in der Umkleide – und das bei nur rund zehn Mann. Die Mannschaft hat 37 Aktive.
Weiter geht die Führung zu den Sanitäranlagen. Es gibt eine Toilette, ein Waschbecken. Für alle Mitglieder, egal ob Mann oder Frau. Statt einer Tür dient hier ein Vorhang als Sichtschutz.
Der Schulungsraum befindet sich im ersten Stock. Hier sei auch der Brandschutz „problematisch“, wie Angerer erklärt. Es gibt nur einen Ausgang. Eine Feuerleiter wurde nicht montiert, da die Mannschaft ja ohnehin mit einem neuen Gerätehaus gerechnet habe.
Im Schulungsraum keine Kurse möglich
Das Zimmer ist recht klein. Es gibt mehrere Tische, viele Stühle, einen großen Bildschirm, um Schulungen abzuhalten. Nicht jeder kann von seinem Platz auf den Monitor sehen. Die Möglichkeit, hier Erste-Hilfe-Kurse durchzuführen, „ist schwierig“, so Niedermaier. Die Seminare werden in der Halle abgehalten – zwischen Öl, Benzin und Bindemitteln.
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Viele Räumlichkeiten seien in den vergangenen 20 Jahren sukzessive dazugekommen, sagt Angerer. Aus einer Mietwohnung im ersten Stock wurden Abstellräume und das Büro, der Keller dient als Lager für Bindemittel. Treppauf, treppab: Das Gebäude ist verwinkelt und birgt viele Stolperstellen.
Nach der Begehung wird deutlich: Die Schonstetter Feuerwehrler übertreiben keineswegs, was den Zustand des Gerätehauses in ihrer Gemeinde angeht, im Gegenteil. Es ist verwunderlich, dass es die Mannschaft seit 20 Jahren darin aushält. Es ist kein Wunder, dass die Mannschaft endgültig ihre Konsequenzen gezogen hat und mit der Niederlegung des Amtes droht.