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„Haufen Geld für Schmarrn?“ Wasserburger Stadtrat streitet über richtigen Weg beim Sparen

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Von: Heike Duczek

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Was ist der richtige Weg beim Sparen in Wasserburg? Bürgermeister Michael Kölbl (Mitte) und die Fraktionsvorsitzenden (im Uhrzeigersinn von links oben) Heike Maas, Friederike Kayser-Büker, Sepp Baumann und Christian Stadler zeigten unterschiedliche Wege auf
Was ist der richtige Weg beim Sparen in Wasserburg? Bürgermeister Michael Kölbl (Mitte) und die Fraktionsvorsitzenden (im Uhrzeigersinn von links oben) Heike Maas, Friederike Kayser-Büker, Sepp Baumann und Christian Stadler zeigten unterschiedliche Wege auf. © Grafik OVB/re

Wenn das Haushaltsgeld knapp wird, heißt es, den Gürtel enger schnallen. Das gilt auch für Wasserburg. Doch wo kann gespart werden? Über Lösungsansätze, die für Empörung im Stadtrat sorgten, und den emotionalen Kampf um den richtigen Weg.

Wasserburg - Streichen, kürzen, schieben, strecken: Noch nie war es so schwer, einen Haushalt für die Stadt Wasserburg aufzustellen wie heuer. Denn es sind graue Wolken am Himmel aufgezogen: Die Gewerbesteuereinnahmen brechen laut den Prognosen um 1,5 Millionen Euro auf neun Millionen Euro ein. Die Ausgaben für Energie, Sachaufwand und Personal sind stark gestiegen. Der Haushalt mit einem Gesamtvolumen von 56 Millionen Euro wurde laut Bürgermeister Michael Kölb (SPD) „auf Kante genäht“. Finanziellen Spielraum gibt es kaum. Auch der Bericht des Kämmerers zeigte auf, wo es hakt: „Wir haben ein Ausgabenproblem“, so Konrad Doser. Ein Beispiel: Die Personalkosten stiegen von 2014 bis 2022 um 25 Prozent auf über neun Millionen Euro.

Die wichtigsten Eckdaten des Wasserburger Haushalts auf einen Blick.
Die wichtigsten Eckdaten des Wasserburger Haushalts auf einen Blick. © Klinger/OVB

2024 werden die grauen Wolken am Finanzhimmel eine noch düstere Farbe annehmen: Dann erwartet die Stadt eine deutlich höhere Umlage, die an den Landkreis zu zahlen ist. Und es geht los mit den ersten Großprojekten: Mindestens 30 Millionen Euro wird die Kommune, so hat es der Stadtrat beschlossen, bis 2026 unter anderem in das neue Feuerwehrhaus, den neuen Wertstoffhof, die Erweiterung der Grundschule, in die Kläranlagenmodernisierung, das geförderte Wohnbauprojekt an der Essigfabrik und weitere Großmaßnahmen stecken müssen.

Gutes Polster für schwierige Zeiten

„Wir können uns diesen Haushalt leisten“, zeigte sich Bürgermeister Kölbl trotz der schwierigen Lage überzeugt. Der Stadtrat akzeptierte zähneknirschend und sorgenvoll diese Einschätzung und verabschiedete den Etat einstimmig. Die Ausgangslage sei gut, weil 2022 besser verlaufen sei als gedacht, erläuterte der Rathauschef: Die Stadt musste im vergangenen Jahr weder ein Kredit aufnehmen, noch einen Griff in die Rücklagen tätigen. Wasserburg habe deshalb ein Polster von 9,8 Millionen Euro, mit dem die Stadt gut durch die schwierigen Jahren 2023 und 2024 kommen sollte, so Kölbl. Trotzdem warnte auch er: „Solide finanzielle Entscheidungen mit solider Folgenkostenanalyse sind wichtiger denn je.“

Deshalb hatte der Haupt- und Finanzausschuss bei den Vorberatungen der Etatsitzung auch intensiv und in mehreren mehrstündigen Sitzungen nicht-öffentlich um den richtigen Weg des Sparens gerungen. Dabei waren ungewöhnliche und unpopuläre Vorschläge gekommen, die in den Haushaltsreden der Fraktionen durchklangen.

Baumann fordert Mittelstreichung für Feuerwehrhaus-Umbau

Einen lieferte Sepp Baumann, Stadtrat der Freien Wähler Reitmehring/Wasserburg, der als einziger gegen den Finanzplan und das Investitionsprogramm von 2022 bis 2026 stimmte. Schon im vorberatenden Hauptausschuss hatte er den Antrag gestellt, die im Etatentwurf eingestellten Kosten für den Umbau des Feuerwehrhauses Reitmehring zu streichen - auch aus dem Finanzplan bis 2026. Das Gremium hatte mit acht zu einer Stimme abgelehnt, teilte Bürgermeister Michael Kölbl (SPD) zum Ergebnis aus nichtöffentlicher Sitzung mit. Baumann will, das verdeutlichte er auch öffentlich im Stadtrat, einen Neubau für die Feuerwehr Reitmehring, keinen Um- und Erweiterungsbau am Standort. Dort sei in seinen Augen zu wenig Platz, auch aufgrund der benachbarten Grundschule. Baumann fand, wenn die Feuerwehrführung „auf immer und ewig an ihrem Standort bleiben will“, müsse sich die Stadt Gedanken machen, ob für den Ortsteil Attel nicht ein eigener Stützpunkt notwendig wäre.

Maas für Streichung der Stelle für das Stadtmarketing

Auch Heike Maas, Fraktionsvorsitzende der CSU/Wasserburger Block, hatte schon in nichtöffentlicher Sitzung des vorberatenden Hauptausschusses mit einem Antrag die Aufmerksamkeit auf sich gezogen, den sie in der Etatrede noch einmal begründete: Sie finde, die Kommune sollte angesichts des Sparzwangs und der steigenden Ausgaben umdenken und die Stelle für das Stadtmanagement vorerst streichen. „Wir können uns bei dieser Haushaltslage eine neue unbefristete Stelle ohne finanzielle Förderung nicht leisten“, zeigte sie sich überzeugt. Im Stellenplan ist die Position Stadtmanagement mit etwa 100.000 Euro für Personal- und Arbeitsplatzkosten veranschlagt.

„Keiner will mit dem Sparen beginnen“

Die Stellenausschreibung hat eine lange Vorgeschichte: Die Aufgabenstellung war im Integrierten Städtebaulichen Entwicklungskonzept (ISEK) empfohlen worden, auf Antrag der Grünen fiel 2022 die Entscheidung, ein Stadtmanagement zu etablieren. Ein parteiübergreifender Ausschuss hat die Stellenbeschreibung gemeinsam mit Vereinen und Wirtschaft entwickelt. Für die Position hätten sich bereits 17 Interessenten beworben, teilt Kölbl auf Anfrage der Wasserburger Zeitung mit. Jetzt also Rolle rückwärts? Maas Antrag war im Hauptausschuss mit sechs zu drei Stimmen abgelehnt worden, im Stadtrat kam er jetzt nicht erneut auf den Tisch. Doch die Fraktionsvorsitzende machte deutlich, dass sie das Nein zur Stellenstreichung als Zeichen dafür sieht, dass die Stadträte zwar vom Sparen reden würden, „aber keiner will damit beginnen“. Ganz im Gegenteil: „Da wird sogar ein Haufen Geld für Schmarrn ausgegeben“, schimpfte die Fraktionsvorsitzende von CSU/Wasserburger Block auch mit Blick auf den Probebetrieb für die Bushaltestelle am Marienplatz. Dies sei ein „Parkplatzvernichter und Stauverursacher“.

„Stelle so wichtig wie nie zuvor“

Bürgermeister Michael Kölbl sah die Stelle für das Stadtmanagement jedoch in Zeiten, die von den Nachwirkungen der Pandemie geprägt seien, als besonders wichtig an. Die einzustellende Person werde sich um die Vereine, die Kultur und das Wirtschaftsleben kümmern. Friederike Kayser Büker, Fraktionsvorsitzende von SPD und Linker Liste, zeigte sich vom Vorschlag Heike Maas´ irritiert. Der Stadtrat habe mit großer Mehrheit für die Stelle für das Stadtmanagement gestimmt. „Es kann nicht sein, dass alle Vorüberlegungen und demokratischen Entscheidungen hier beiseite gewischt werden.“ Christian Stadler, Fraktionsvorsitzender der Grünen, warnte: Das Citymanagement sei angesichts des Wandels der Gesellschaft wichtiger denn je. „Die Stelle jetzt aufgrund der aktuellen Haushaltslage einzusparen, wäre, als würde eine Firma in wirtschaftlichen Schwierigkeiten zu aller erst die Abteilungen Forschung und Entwicklung sowie das Marketing wegrationalisieren.“

Sogar Kosten des Bürgerbahnhofs im Fokus

Die Diskussion zeigte, dass in den Haushaltsvorberatungen sogar die steigenden Kosten für den Bürgerbahnhof, Anlaufstelle für die Bürger bei sozialen Anliegen und Beratungen, Thema gewesen waren. Ein Aufreger, wie die Reden andeuteten. Baumann betonte in der Stellungnahme für die Fraktion von Bürgerforum/Freie Wähler/ÖDP, es dürfe keine Denkverbote geben, auch hier müsse der Rotstift angesetzt werden. „Können diese Leistungen nicht auch vom Rathaus aus erfolgen?“, fragte er an. Vehement widersprach Kayser-Büker. „Der Bürgerbahnhof ist in der jetzigen Zeit wichtiger denn je.“ Fünf zusätzliche Arbeitsstunden für die Sozialpädagogin seien sogar notwendig. Angesichts der steigenden sozialen Probleme als Folge von Inflation und gestiegenen Energiekosten und der Tatsache, dass in die alten Romed-Klinik 200 zu betreuende Geflüchtete aufgenommen werden sollten, sei es unverständlich, dass „Teile dieses Stadtrates die Arbeit des Bürgerbahnhofs infrage stellen“.

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