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Vor der Weltcup-Saison: Stephan Leyhe im Interview - "Zeit, um mal allein ganz oben zu stehen"

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Zurück ins Scheinwerferlicht: Stephan Leyhe ist guter Dinge, was die kommende Weltcup-Saison betrifft Dafür hat er mit dem neuen Bundestrainer Stefan Horngacher einige technische Dinge an seinem Sprungstil verändert.
Zurück ins Scheinwerferlicht: Stephan Leyhe ist guter Dinge, was die kommende Weltcup-Saison betrifft Dafür hat er mit dem neuen Bundestrainer Stefan Horngacher einige technische Dinge an seinem Sprungstil verändert. © imago/Eibner Europa

Er hat eine abwechslungsreiche Saison hinter sich: Skispringer Stephan Leyhe vom SC Willingen - doch er blickt eine Woche vor Saison-Auftakt positiv nach vorn.

Lange Zeit bester Deutscher im Weltcup, dann in Willingen enttäuscht. Team-Weltmeister, dann in Oslo gestürzt. Der Blick von Stephan Leyhe geht aber nach vorn: In einer Woche beginnt im polnischen Wisla die Saison der Skispringer.

Stephan Leyhe hört sich gut an. Der Skispringer vom SC Willingen hat ein gutes Gefühl für die kommende Weltcup-Saison, die am 23. November im polnischen Wislar beginnt. Der 27-Jährige ist in der vergangenen Saison aus einer Schublade gesprungen, in der er schon für immer gefangen schien: nur ein Top 20 Springer und Wackelkandidat fürs Teamspringen.

Stephan leyhe: Lange Zeit bester deutscher Skispringer in der Weltcup-Gesamtwertung

Der gebürtige Schwalefelder war lange Zeit der beste deutsche Skispringer in der Weltcup-Gesamtwertung, am Ende wurde er Elfter, er war Dritter der Vierschanzentournee und verpasste in Wisla mit Rang zwei seinen ersten Einzelsieg im Weltcup. Den obersten Podestplatz strebt er in der kommenden Saison an, dabei hilft ihm ein anderer Stefan, der neue Bundestrainer Stefan Horngacher.

Herr Leyhe, sehnt man als Skispringer den Winter herbei oder können Sie auch sagen, ich betreibe den Sport zwar in der kalten Jahreszeit, aber den Winter mag ich nicht?

Ich denke, jeder Wintersportler sehnt sich ab September nach Schnee. Ich habe den Winter schon als Kind gemocht. Aber im April sind Wintersportler auch froh, dass der Schnee wieder geht.

Noch bevor der Winter anfängt, startet für Sie die neue Weltcup-Saison. In vielen anderen Sportarten atmen dann die Athleten auf, denn mit dem Saisonbeginn endet die harte Vorbereitungszeit. Gilt das auch für die Skispringer?

Körperlich ist unsere Vorbereitung nicht so hart, aber vom Kopf her. Skispringen ist eine Schnellkraftsportart. Unser Sprung dauert etwa zehn Sekunden und du hast nur diese eine Chance, kannst dich nicht noch mal da oben hinsetzen. Das erfordert eine enorme Konzentrationsfähigkeit, die letztlich auch körperlich anstrengend ist. Abends sind wir öfters total fertig, obwohl wir körperlich wenig gemacht haben.

In Wisla feierte Stephan Leyhe voriges Saison seinen ersten Podiumsplatz. Nun will er noch mehr.
In Wisla feierte Stephan Leyhe voriges Saison seinen ersten Podiumsplatz. Nun will er noch mehr. © dpa

Wie viele Sprünge auf Schnee haben Sie in den vergangenen Wochen schon absolviert?

Keinen. Wir haben die Eisspur beim Anlauf und landen dann auf Matten. Das fühlt sich bei Schnee bis auf die Landung auch nicht viel anders an. Wir ersparen uns so die langen Reisen nach Skandinavien und haben dafür mehr Zeit zum Trainieren.

Bundestrainer Werner Schuster ist weg, Stefan Horngacher ist seit dem Frühjahr da. Wie oft haben Sie seither den neuen Bundestrainer gesehen?

Ich sehe ihn eigentlich wöchentlich, denn er wohnt bei mir um die Ecke.

Und wie oft haben Sie sich beruflich gesehen?

Auch wöchentlich, denn er macht mit mir jetzt auch das Heimtraining, gemeinsam mit meinem langjährigen Heimtrainer Jens Deimel. Im Frühjahr war Stefan noch viel unterwegs und hat sich bei den anderen Stützpunkten vorgestellt, aber seit August war er fast immer hier.

Wenn ein neuer Trainer kommt, der bringt auch was Neues mit. Was hat Hornbacher an neuen Impulsen für Sie und das Team mitgebracht?

Er legt noch mehr Wert auf das Athletiktraining. Das muss exakt ausgeführt werden, generell gilt, alles was wir machen, soll qualitativ hochwertig sein, lieber einen Moment länger überlegen, was soll ich bei der Übung beachten, als sie einfach nur runter zu rattern. Beim Springen hat der neue Trainer vor allem in der Analyse der Absprungphase seine Stärken.

Arbeitet er hier viel mit Videos oder erklärt er viel an der Schanze direkt?

Die Trainer schauen schon ins Video rein und geben uns dann nur so zwei, drei Knotenpunkte mit für den nächsten Sprung. In der jetzigen Phase schauen wir mehr gemeinsam Videos an, weil es vom Groben ins Feine geht. Anfangs haben wir mehr nach Gefühl gearbeitet.

Hatten Sie beim neuen Trainer schon so eine Art Aha-Erlebnis oder ist alles was Horngacher einfließen lässt, der lange Weg der kleinen, vielleicht sogar unbekannten Schritte?

Ich hatte tatsächlich schon ein Aha-Erlebnis gleich im Sommer, aber der Sprung ist leider noch nicht so stabil, wie er sein sollte. Allerdings weiß ich, was möglich ist, wenn ich diesen Sprung reproduzieren kann. In der Weltspitze ist es schwierig große Schritte nach vorn zu machen. Wenn die kleinen Schritte schon ein, zwei Meter mehr an Weite bringen ist das schon ein Erfolg.

Läufer können sich Selbstvertrauen für die neue Saison durch ihre Zeiten im Training holen. Das ist bei Skispringern nur bedingt möglich. Gibt es trotzdem für sie einige Anhaltspunkte oder zumindest ein Vorgefühl, die auf eine gute Form hinweisen?

Wir haben natürlich auch Messdaten, etwa die Sprungkraft, wenn diese gut sind, weiß ich zwar, ich bin körperlich fit, aber es heißt noch lange nicht, dass ich auch auf der Schanze gut bin. Denn die Technik kommt ja auch noch dazu. Das ist wie beim Golfspielen, du weißt, du hast einen guten Schwung und körperliche Topwerte, aber wenn du den Ball nicht richtig triffst, fliegt er auch weit weg vom Loch.

Zeit ist reif für Leyhes ersten Einzelsieg 

Was soll für Sie in der neuen Saison besser laufen als in der vergangenen? 

Der Abschluss (er lacht)… 

…Sie meinen damit ihren Sturz in Oslo, oder? 

Ja genau. Mein Ziel ist es, im Weltcup in die Top Ten zu kommen und natürlich, möchte ich endlich meinen ersten Einzelsieg schaffen. 

Was können Sie in der neuen Saison besser als in der vergangenen? 

Meine Skiführung ist deutlich besser geworden, ich bin nicht mehr so breit und habe ein besseres Flugsystem. 

Welche Fehler möchten Sie nicht mehr machen? 

(Er muss eine Weile überlegen) Das ist eigentlich kein Fehler, aber ich möchte das Skifliegen besser meistern. Da ist noch Luft nach oben. 

Und da ist noch etwas, was sich Sie in der neuen Saison verändern wird, Andreas Wellinger fällt wegen der Kreuzbandverletzung vermutlich komplett aus. Er ist seit Jahren ihr Zimmerkollege. Wird er ihnen fehlen? 

Klar, denn wir sind schon ein gut eingespieltes Team auf dem Zimmer, haben den gleichen Rhythmus beim Aufstehen und Schlafengehen. Das hat gepasst. Nun wird vermutlich Richard Freitag mein neuer Zimmerkollege. 

Blickt positiv auf die Saison: Stephan Leyhe.
Blickt positiv auf die Saison: Stephan Leyhe. © dpa

Der Saisonauftakt ist in Wisla, da haben Sie gleich einen Podestplatz im Einzel zu verteidigen. Ist das ein Ansporn oder erhöht das sogar den Druck? 

Nein, das spielt für mich keine Rolle. Wir fangen wieder bei null an. Aber ich mag diese Schanze. 

In Wisla treffen die Deutschen erstmals auch wieder auf die ausländische Konkurrenz. Was wissen Sie kurz vor der Saison über die anderen? 

Wenig. Wir wissen zwar über Social Media, wo sie ihre Lehrgänge machen und wie weit sie gesprungen sind, aber man weiß nicht, wie gut sie wirklich sind, aber die wissen auch nicht, wie gut wir sind. 

Werden innerhalb der deutschen Mannschaft Favoriten für den Weltcupsieg gehandelt oder ist so ein Tipp unmöglich? 

Eigentlich geht das nicht. In der letzten Saison haben wir zwar mit Ryoyu Kobayashi gerechnet, aber nicht, dass er so durchstarten wird. 

Könnte der Shootingstar diesmal auch Stephan Leyhe heißen? 

Dazu sage ich besser nichts. 

Von Reinhard Schmidt

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